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Kultur: Quietscheentchenkunst

Die Galerie Ruhnke behauptet, das Glück sei gelb / Bilder und Objekte von Fred Ziegler

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Gelb, so sagt man, sei die Farbe des Lichts, aber auch die Farbe des Eifers, der Eifersucht. Nuancen von Gelb stellen jeweils einen anderen Verstehenskontext dar und senden je andere Signale.

Potsdam ist zurzeit gerade gelbvoll, was vielleicht an der Frühlingsahnung liegen mag, die zwar noch nicht im Wetter, aber schon in unseren Herzen schwingt. Wenn Angelica Domröse als Mary Tyrone ein leichtgelbes Blüschen trägt, dann soll damit eine Heiterkeit symbolisiert werden, die allerdings im wahrheitsliebenden Sonnenlicht sogleich verblasst. Wenn die „Bar Gelb“ in der Dortustraße die Farbe im Namen und auf den Wänden trägt, so ist das ein kindliches Spiel, das auch mit der phonetischen Nähe von Gelb zu Geld kokettiert. Gelb ist die Farbe des Spektrums, in der die stärkste Ambivalenz steckt. Sie ist einerseits in unserer und zum Beispiel auch der chinesischen Kultur mit Erkenntnis, Wissen, Aufklärung, ja, Gott, also mit der himmlischen Macht verbunden, aber andererseits auch mit Verrat und Betrug, Eifersucht und einem Mangel an christlichem Glauben.

All das steckt latent in dem Assoziationsfeld der Farbe, die Fred Ziegler, der 1953 in Franken geborene Künstler, ganz und gar zum Zentrum seines Schaffens gemacht hat. Nicht wie andere seiner Zunft lässt er sich auf eine Richtung, eine Ästhetik oder eine Technik festlegen. Seine Arbeiten, egal ob Objekte, Malerei oder Happening, drehen sich alle um eines: um die Farbe Gelb. Einst habe er als Landschaftsmaler begonnen, ist zu lesen, der allmählich alle Farben eliminierte, bis nur eine übrig blieb. Zurzeit schimmert also die Galerie Ruhnke in Zieglers gelber Pracht. Im größten Raum verschwimmen vor einem giraffig quer gelb-schwarz-gestreiften Bild durch den optischen Effekt die darunter stehenden Pagoden, die natürlich ebenfalls ganz gelb bemalt sind. Daneben hängt ein licht- und luftdurchlässiges Etwas aus feinen, lichtgelb bemalten Holzpaneelen, die durch das Geflecht, das sie miteinander verwebt, ebenfalls bewegt wirken. Hier passt der Name „Seebreaze“: eine Ahnung von Wellenhauch schwimmt durch den Raum und überstimmt so fast die kleineren Arbeiten, in denen auf gelbem Untergrund z.B. Fischschuppen per Angelschnur miteinander verbunden werden. Ob die Schuppen nun von der Sinai-Halbinsel oder aus Sizilien kommen, ist an dieser Stelle schon fast egal, denn die Beharrlichkeit, mit der Ziegler seinen Fetisch „Gelb“ in Szene setzt, grenzt zwar an eine, bei Künstlern gesellschaftlich akzeptierte Besessenheit, aber gleichzeitig kann man sich des Eindrucks der Beliebigkeit nicht erwehren. Spiel ist gut und schön, und wenn die „Liparischen Inseln“ als Scherben auf Gelb wie Landschaftsfotografie erscheinen, ist das ein Einfall, an dem man sich erfreuen kann. Ziegler greift scheinbar wahllos in jeden Kontext. Da setzt er einen Reißverschluss auf seinen gelben Untergrund oder ein paar PVC-Schwämmchen, die mit der Farbe übermalt werden. Da nimmt er ein Kreuz, ein großes, starres Holzkreuz – und was wird daraus? Natürlich ein gelbes Kreuz. Es sieht fast aus wie ein T-Shirt und hängt hier außerhalb seines kirchlichen Kontextes wie auf einem zu großen Kleiderbügel.

Über all diesen unterschiedlichen Inszenierungen der Farbe, die auch des Deutschen liebstes Kind, das Auto, nicht auslassen, schwebt wie ein Damoklesschwert die Behauptung des Titels: „Das Glück ist gelb“. Damit mag man ja noch beim Sonntagsfrühstückseidotter einverstanden sein, aber ein leicht gallig-gelber Blick in die so unlichte deutsche Geschichte lässt die Frage unbeantwortet, ob sich die Juden dank ihres gelben Sterns auch im Glück fühlten.

Galerie Ruhnke, Hegelallee 41, zu sehen bis 12. März.

Lore Bardens

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