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Kultur: Raffiniert bis ganz schlicht

Renaissancemusik zum Verlieben im Raffaelsaal

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Freundlich blickt der Herzog von Mantua auf diese und jene Schöne. Prototyp eines verführerisch-skrupellosen Fürsten des Cinquecento sei er, so jedenfalls führt Verdi ihn uns in seinem „Rigoletto“ vor. Ist es ähnlich sittenlocker am originalen Hofe der Conzaga in Mantua am Ausgang der Renaissance zugegangen? Sicherlich sinnenfroh, lebenslustig, musikliebend. In den Adelspalästen wie im Ghetto geht Salomone Rossi ein und aus. Er ist jüdischen Glaubens, vertont hebräische Gebete und Psalmen für den synagogalen Gottesdienst, liefert fürs damalige Dolce Vita zahllose Sinfonien und Tanzsätze, und gibt sechs Bücher mit mehrstimmigen Vertonungen weltlicher Texte heraus. Aus diesen Madrigalbüchern und diversen Sammlungen von Sinfonien, Sonaten und Tanzsätzen hat das israelische Ensemble „Profeti della Quinta“ ein reizvolles, thematisch ineinanderfließendes Musikfestspiele-Programm unter dem Titel „Salomo in Mantua“ zusammengestellt, das am Donnerstag im Raffaelsaal der Orangerie Sanssouci das Publikum begeisterte.

Als wahre Propheten ihrer profunden Kunst des kristallklaren und stimmenreinen A-cappella-Gesangs gewinnen sie gleich zu Beginn mit dem Vortrag des Psalms 128 „ Ashrei kol yeré ‘adonai“ die Herzen der erwartungsfroh gestimmten Zuhörer. Angeführt von der glanzvollen Counterstimme des Doron Schleifer, die den Gesang der anderen vier Sänger überstrahlt, enthüllt der verzierungsreiche Gesang auf beeindruckende Weise die kunstvoll verschränkte Mehrstimmigkeit der erhabenen, gottesfürchtigen Lobpreisung des Herrn. Und auch der Danksagungspsalm 100 „Hari’u ladonai, kol ha’arets“ und der Lobespsalm 146 „Haleli nafshi ‘et ‘adonai“ überzeugt durch seine vielstimmige Geschmeidigkeit, seinen farbenreichen Ausdruck und seine leidenschaftliche Textausdeutung. Daran mangelt es auch nicht beim Vortrag der italienischen Madrigale mit ihren überaus affektreichen und poesievollen Texten. Statt bis dato gepflegte pure Schönheit und reinen Wohlklang geht es Salomone Rossi vielmehr um den Ausdruck inneren Gehalts anstelle äußerlicher Beschreibung. Die „Profeti“ mit ihren charaktervollen Stimmen dienen voller hörbarer Lust dieser Aufgabe. Und verstehen es dabei, das Artifizielle ganz natürlich vorzutragen, wenn sie mit staunenswerter Klangkultur und verzierungsreich von Herz-Schmerz-Liebesleid und Liebesverlangen künden. So wird das Klagelied eines Verlassenen „Tu parti, ahi lasso“ sehr intensiv und lebendig gestaltet, erweist sich das Madrigaletto „Pargoletta, che non sai“ als ein witziges, jedoch vergebliches Werben zweier Verliebter (Lior Leibovici, Dan Dunkelblum) um die Gunst zweier Mädels (Doron Schleifer, David Feldman).

Zu ihnen gesellt sich immer mal wieder Bassist Elam Rotem, dem die musikalische Leitung obliegt und der dem Chitarrone-Spieler Ori Harmelin sowie den beiden Geigerinnen (Katya Polin, Eva Saladin) gelegentlich tastatierend zur Seite steht. Auch ihnen ist historische Aufführungspraxis selbstverständlich. Dazu gehört, dass eine der Saitenkünstlerinnen ihr Instrument in Höhe der Achselhöhle hält und streicht. Lebendig, glasklar, voller Wärme und raffinierter Zwischentöne musizieren sie die kurzweiligen Instrumentalstücke. Renaissancemusik zum Verlieben! Peter Buske

Peter Buske

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