Kultur: Rainer Sperl: „Experimentell, neu und frisch“ Der Juror über den KO-Kunstwettbewerb
Die Besucherzahlen der ersten Runde des KO-Wettbewerbs für acht junge Potsdamer Künstler sind ein Traum für jeden Galeristen und Kunstvermittler. 600 meist wohl jugendliche Partygänger besuchten an drei Tagen die Galerieräume des Waschhauses, 436 davon gaben ihr Stimmkärtchen in eine der Boxen ab.
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Die Besucherzahlen der ersten Runde des KO-Wettbewerbs für acht junge Potsdamer Künstler sind ein Traum für jeden Galeristen und Kunstvermittler. 600 meist wohl jugendliche Partygänger besuchten an drei Tagen die Galerieräume des Waschhauses, 436 davon gaben ihr Stimmkärtchen in eine der Boxen ab.
Das beeindruckt auch das Jurymitglied Rainer Sperl, selbst Künstler und Inhaber einer alteingesessenen Galerie in der Mittelstraße. „Ich finde die Idee gut und ausbaufähig“, lobt er. Das Programm seiner Galerie bestehe aus vorwiegend junger, zeitgenössischer Kunst. Mindestens drei Künstler sprechen bei ihm vor und präsentieren ihre Mappen. Doch Sperl sucht sich die Künstler, mit denen er langfristig zusammen arbeitet, meist selbst. Auf Vernissagen, offenen Ateliers und Ausstellungen hält er Ausschau nach „Neuem und Interessantem und einer Qualität, die auch handwerklich begründet ist.“
Kriterien, die auch sein Urteil über die beiden KO-Runden anleiten. Auch die zweiten acht Teilnehmer, alle unbedingt Nicht-Profis, also ohne Kunststudium im Alter zwischen 16 und 26, die am Mittwoch auf einer Vernissage dem Publikum vorgestellt wurden, erhalten von Sperl lobende Anerkennung. „Augenscheinlich war die erste Runde aber einfacher einzuschätzen“, meint der Galerist. Nun sei das Qualitätsgefälle ein wenig größer. „Die erste Runde war besser.“
Die Talentsuche macht Sperl sichtlich Spaß. Es ist für ihn spannend zu sehen, ob die hier präsentierten Autodidakten und Quereinsteiger den Vorteil der fehlenden akademischen Prägung nutzen, um experimentell, neu und frisch zu arbeiten. „Wie Kinder“, sagt Sperl, „denn Kinder sind oft die besten Künstler.Absolventen einer Kunsthochschule werden hingegen erst eigenständig, wenn sie sich von ihrem Lehrmeister und Professor stilistisch trennen konnten.
So eigenständig wie die Kalligraphie-Arbeiten von Tobias Siebert, der über Jahre hinweg aus dem „writing“ der Graffitiszene von der Faszination der Buchstabendarstellung in Systemen gefangen genommen wurde. So sieht man im Waschhaus das komplette Alphabet, dem Siebert – ohne einmal abzusetzen – in Schwarzweiß mit einem orangenem Blickfang eine neue ästhetische Dimension verleiht. Die Malerei ist, zu Sperls Bedauern, im Gegensatz zu fotografischen Arbeiten im ganzen Wettbewerb zu schwach, Skulpturelles gar nicht vertreten. Rainer Sperl vermutet, sie wäre handwerklich zu aufwändig. In den gemalten Akten und Körperstudien von André Giese sieht man Anleihen, die bei Edvard Munch und Max Ernst gemacht wurden. Das Experimentieren, das Sperl generell ein bisschen vermisst, das Sich-Frei-Malen, die kreative Frechheit, erkennt man bei Giese allerdings schon an einigen interessanten Farbverläufen.
Sperl hält viele der Arbeiten technisch fast schon für perfekt. Die Siebdrucke von Inès Lauber, die Rahmung in geschweißtem Vierkantstahl, mit der die Fotos von Matthias Tietze versehen sind, oder die groß gezogenen und auf Leinwand gedruckten Unterwasserselbstporträts von Oliver Mohr können hier als Beispiele dienen. „Die Technik sollte aber nicht zu dominant sein“, sagt Sperl.
Jugendgemäß, sei der ganze Wettbewerb, organisiert in einer Weise, wie es besser nicht gehe, so Sperl. Er verrät, dass er für seine Galerie zwei der „künstlerischen KO-ten“ weiter beobachten werde. Aus jeder Runde einer.
Freilich hat der Profi-Ausstellungsmacher dennoch Tipps an die drei engagierten Kulturarbeitsstudenten der Fachhochschule, die den Kunstwettbewerb durchführen. Sie könnten beim nächsten Mal preiswerte Kataloge und Poster verkaufen, um so ihren Etat noch zu vergrößern. Und auf musikalische Beschallung hat Rainer Sperl in seinen eigenen Ausstellungsräumen verzichtet. Er sagt: „Kunst braucht auch Ruhe.“
Matthias Hassenpflug
Am 26. April um 20 Uhr ist die Vernissage der Finalrunde mit den besten acht aus den ersten beiden Vorrunden.
Matthias Hassenpflug
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