Kultur: Rasant
Hip-Hop-Comedy: „Flhip Flhop“ in der fabrik
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„Ich hab mich nicht verkauft, ich bleib real“ versucht Phil seinen Draufgängerfreund Marvin zu überzeugen. Die beiden stehen auf der Bühne der fabrik und sind mitten im Gespräch über den gemeinsamen Freund Frankie, der den Sprung auf der Karriereleiter ganz nach oben geschafft hat und jetzt Star-DJ ist. Damit hat er etwas wahr gemacht, das sich die beiden Freunde auch für sich selbst wünschen – mit dem heißgeliebten Hobby, dem Hip-Hop, ganz groß rauskommen und die Turntables beherrschen. Stattdessen sitzen sie hier in Frankies Nobelbude fest, in der ein DJ-Pult und andere technische Raffinessen sie immer wieder von ihrer Aufgabe abhalten, diese durch einen Anstrich ein wenig auf Vordermann zu bringen. Stattdessen probieren sie alles einmal aus, missachten die ihnen vorgegebenen Verhaltensregeln und lassen durch ihre Tollpatschigkeit den einen oder anderen sündhaft teuren Gegenstand zu Bruch gehen.
Gleich zu Beginn haben sie, ganz nebenbei und mithilfe ihrer Farbrollen, einen kleinen Battle ausgefochten und so liest man nun an der Kulissenwand das Wort „real“, englisch ausgesprochen, natürlich, schließlich geht es in dem Stück „Flhip Flhop“, das an diesem Donnerstagabend Premiere hat, um die Hip-Hop-Kultur. Und so wird die Geschichte der beiden Freunde, in der es um Lebensträume, verpasste Chancen und Liebeskummer geht, nicht als reines Theaterstück dargeboten, sondern mithilfe von Tanzeinlagen, Beatboxen und DJing erzählt. „Comedy-Theater“ nennt Produzent Wolfgang Hoffmann das Ergebnis und sein Wunsch, mit „Flhip Flhop“ besonders das junge Publikum anzusprechen, scheint in Erfüllung zu gehen. Zwar ist das Premierenpublikum vielleicht nicht ganz repräsentativ für die weiteren Vorstellungen, aber der Durchschnitt ist tatsächlich eher in den Zwanzigern und darunter. Sie alle folgen angeregt dem Geschehen auf der Bühne, das, leider, weniger einem festen Handlungsstrang folgt, sondern in zugegebenermaßen etwas aneinandergegeklebt wirkenden Sequenzen spektakuläre Hip-Hop-Moves mit Slapstickeinlagen und unterhaltsamen kleinen Matches zwischen den Protagonisten mischt, die ein großes Körperbewusstsein und enorme Reaktionsfähigkeit fordern.
Als besonders eindrucksvoll und amüsant bleibt eine Szene im Gedächtnis, in der die beiden Protagonisten mithilfe von alten Plattencovern, die sie sich in rasantem Wechsel und mit der jeweiligen Musik unterlegt, vor die Gesichter halten, in schneller Folge von den Beatles über Cat Stevens zu Michael Jackson die Großen einer vergangenen Musikepoche auferstehen lassen und dabei zu einem tanzenden Körper werden. Den spontanen Applaus, den sie dafür bekommen, haben sich die Darsteller Eugene „U-gin“ Boateng und Ernest Allan Hausmann unbedingt verdient.
Und weil die beiden hundertprozentigen Einsatz zeigen und das Publikum mit ihren Tanzeinlagen und ihrem komischen Talent immer wieder zum Lachen bringen, kann man über die fehlende Dramaturgie und das etwas lieblose Bühnenbild einfach hinwegsehen und sich stattdessen auch darüber freuen, dass man mal wieder die guten alten Mowtownklassiker hören konnte. Andrea Schneider
Heute um 20 Uhr, morgen um 16 Uhr, fabrik, Schiffbauergasse.
Andrea Schneider
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