Kultur: Rasante Jagd
Das Duo Hands on Strings musizierte im Nikolaisaal
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Auch wenn es ganz danach aussah, ein ruhiger Abend wurde es nicht. Zwei Stühle standen am Freitag auf der kleinen Bühne im Foyer des Nikolaisaals, daneben drei Verstärker und drei Gitarren. Später, mit dem Auftritt von Thomas Fellow und Stephan Bormann, die gemeinsam unter dem Namen Hands on Strings unterwegs sind, kamen noch zwei weitere Instrumente hinzu. Das alles erweckte den Eindruck des typischen Gitarristenidylls: Genug kann der Gitarrist ja nie bekommen, erklärte Fellow während des Konzertes und bot so tiefe und zugleich verräterische Einblicke in die Psyche des Saitentäters.
Als Fellow zur Konzertgitarre griff und Bormann zur zwölfsaitigen Westerngitarre, trafen Nylonsaiten auf Stahlsaiten. Da hatte sich mancher im Publikum auf ein ruhiges, komplex verschachteltes und instrumental anspruchsvolles Konzert eingestellt – und dann kam „Offroad“! Oft assoziiert man dieses „Offroad“ mit breitbereiften und hochtourigen Geländewagen, ordentlicher Kraftmeierei im PS-Format. In der Gitarrenmusik aber ist damit ein harmonischer und gesitteter Ausflug in herrliche Klangfarbengärten verbunden.
Harmonisch begannen auch Hands on Strings ihren „Offroad“-Trip. Doch schon nach wenigen Metern wurde hochgeschaltet und eine Jagd über Stock und Stein eröffnet, die immer rasantere Formen annahm. So viel war nach dieser Eröffnung klar: An Entspannung hatten die beiden Herren nicht viel Interesse.
Ruhige, ganz persönliche Momente aber gab es an diesem Abend auch. Am eindruckvollsten gelang Fellows Solo in Luiz Bonfás „Manha de carnaval“ , als er für wenige Minuten auf jegliche elektronische Verstärkung verzichtete und allein seiner Klassikgitarre das Feld im gut besuchten Nikolaisaalfoyer überließ. Insgesamt überzeugte das Duo mit packender Rhythmusarbeit, einem Hochgeschwindigkeitsspiel und reichlich Improvisationen, wobei hier Fellow weitaus spontaner und ideenreicher agierte als Bormann.
Der Reiz von Hands on Strings liegt in den unterschiedlichen Stilrichtungen, die von den beiden zu einer treibenden und wild pulsierenden Mischung zusammengemixt werden. Fellow hat einen klassischen Hintergrund, Bormann kommt vom Jazz. Beide spielen äußerst erfolgreich mit den Sängerinnen Constanze Friend und Cristin Claas zusammen. Mit dem Duo Hands on Strings, das aus einem spontanen Zusammenspiel entstand, haben die Musiker die Möglichkeit gefunden, ihren Instrumenten den entsprechenden Raum zu geben und Südamerikanisches mit Afrikanischem und eigenen Kompositionen in ein kaum zu schnürendes Konzertkorsett zu stecken. Das Publikum war davon begeistert und ließ Fellow und Bormann erst nach drei Zugaben gehen. Dirk Becker
Dirk Becker
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