
© Janos_Szabo
Rätselhafte Trance: „Niemandsland“ bei den Potsdamer Tanztagen
Ungarn war bisher eher selten bei den Potsdamer Tanztagen zu Gast. Die Deutschlandpremiere des AHA Kollektiva brachte nun Kriegswirren, Gleichschritt und Sturmhauben auf die Bühne.
Stand:
Ein schwarzer Vorhang trennt die Zuschauer von dem „Niemandsland“, das das AHA Kollektiva aus Budapest am Mittwochabend als Deutschlandpremiere bei den Potsdamer Tanztagen in der Fabrik präsentieren. Als dieser sich langsam öffnet, entsteht dahinter die rätselhaft düstere Performance „No one’s land“.
Sie erinnert sowohl an ein Mittelalterspektakel, an (Nach-)Kriegswirren, oder auch an archaische Arbeitswelten. Aber gibt es da nicht auch kleinste, komische Momente? Doch vorerst verharren die sechs Performer, die mit grau-schwarzen, wild zusammengestückelten Bekleidungsstücken und dunklen Sturmhauben bekleidet sind, wie in Agonie.
Klonk, Klonk, Klonk
Erst nach und nach entsteht aus ihrer sprachlosen Stille, nachdem sie mit diversen Metallstücken, die sie in einförmigem Klonk, Klonk, Klonk aufeinander schlagen, zuerst ein monotoner Gleichklang und schließlich auch ein Gleichschritt, den sie als Formation gemeinsam absolvieren.
Als sich der schwere schwarze Vorhang wie von Zauberhand erneut schließt und kurz darauf langsam wieder öffnet, sind die sechs nicht nur äußerlich wie verwandelt. Jetzt finden sich sehr unterschiedliche Paare. Eines tanzt fast einen klassischen Pas des deux, andere ringen athletisch miteinander. Und doch bleiben die Unbestimmtheit, die Ziellosigkeit und Uneindeutigkeit ein bestimmendes Moment dieser auch an (Alb-)Traumszenen erinnernden Performance, bei der man (trotzdem) fast in einen Trancezustand gerät.
AHA Kollektiva ist eine 2021 gegründete junge Company aus Budapest, und auf der Suche nach neuen Perspektiven im zeitgenössischen Tanz. Und es ist spannend in diesen gesellschaftlichen Umbruchszeiten, gerade aus Ungarn, das zudem bisher selten bei den Potsdamer Tanztagen vertreten war, jetzt neue Gesichter und Konzepte kennenzulernen.
Dabei folgen die Mitglieder dieses Kollektivs, die ab 2016 auch an der Salzburg Experimental Academy of Dance (SEAD) studierten, vor allem ihren Instinkten und Interessen und fürchten sich nicht vor unbekanntem Terrain. Sie entziehen sich damit aber auch den gängigen Zuordnungen und Bewertungen. Das Potsdamer Publikum reagierte offen und neugierig auf dieses Experiment, dem zukünftig hoffentlich weitere folgen. Auch ein Landsmann, Máté Mészáros, war mit zwei partizipativen Open-Air-Produktionen erstmalig in Potsdam zu erleben.
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