Kultur: Recht platt
Kurzkomödie im Treffpunkt Freizeit
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Kurzkomödie im Treffpunkt Freizeit Vor zwei Jahren übernahm der Malteser Hilfsdienst in freier Trägerschaft den Treffpunkt Freizeit am Neuen Garten. Seitdem wird er saniert. Am Sonnabend feierte man die Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts. Vor der symbolischen Durchschneidung des roten Bandes am Eingangsportal bedankten sich Ministerpräsident Matthias Platzeck und Oberbürgermeister Jann Jakobs für das Bürgerbegehren, das zur Rettung des Kulturhauses entscheidend beitrug. Dies sei Ausdruck lebendiger Demokratie, betonte Platzeck, während Jakobs die endgültige Fertigstellung der Bauvorhaben für 2006 zusicherte. Anschließend gab es die Kurzkomödie „Feuchte Schritte ins Paradies oder Komm, liebe Kulturhauptstadt, komm“ von Ronald Ganz. Der Autor kündigte sein Stück mit einem Lob an die Politiker an: Sie seien so hervorragende Schauspieler. Angesichts der geäußerten Absichtserklärungen, hätte dieser Kommentar auch als Beleidigung aufgefasst werden können. Doch in Erwartung unterhaltsamer Kunst wurde darüber hinweggelächelt. Mit Friedrich II. und seinem Freund Voltaire, betraten wohl zwei der bekanntesten Politiker der preußischen Geschichte die Bühne, um, so hieß es in der Ankündigung, konkrete Maßnahmen für eine erfolgreiche Kulturhauptstadt-Bewerbung durchzusetzen. Die Idee, Politiker des 18. Jahrhunderts mit aktuellen Problemen und Zwängen zu konfrontieren, versprach unkonventionelle Lösungsvorschläge und doppelbödigen Humor. Der Plot war dann jedoch so platt, wie ärgerlich: Der despotische Monarch und der Philosoph debattieren über die Notwendigkeit einer Kunsthalle respektive eines Spaßbades. Das Volk, personifiziert als knapp bekleidete Frau, umwirbt, da der König für weibliche Reize unempfänglich ist, den Philosophen. Weil dieser ausschließlich auf seine sexuellen Begierden fixiert ist, plädiert Voltaire, ganz williges Werkzeug, für das von ihr begehrte Spaßbad. Der König indes beharrt, qua Machtanspruch auf der Kunsthalle und schickt den Philosophen samt Frau in die heimische Badewanne, mit der sie sich für ihre Lüste begnügen sollen. Derweil beginnt Friedrich II. sein Stadtschloss auf dem Potsdamer Stadtplan zu suchen, dass der Mönch Bruder Jakob schon mal als Papiermodell auferstehen ließ. Diese Darstellung, war wohl eine Ohrfeige für die Menschen, die mit demokratischen Mitteln um ihre Interessen in der Stadt kämpfen. Ein Autor, der Doppelbödigkeit mit Schlüpfrigkeit verwechselt, dem als Antwort auf die ungelösten Fragen der Potsdamer Kulturpolitik nur ein autoritärer Herrscher einfällt, ist kein gutes Aushängeschild für eine Kulturhauptstadt im 21. Jahrhundert.Lene Zade
Lene Zade
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