Kultur: Reiche Ernte
Ausstellung „Himmelreich und Fegefeuer“ im neuen Quartier des Offenen Kunstvereins
Stand:
Das alte „neue“ KunstWERK in der Hermann-Elflein-Straße macht seinem Namen alle Ehre. Auf drei Etagen sind fast hundert Objekte zu sehen: von großformatigen bemalten Pappen mit Engeln und Teufeln, über Ölgemälde und Glasmalbilder bis hin zu riesigen Stoffbildern und Wandbehängen im Treppenhaus. Alles zum Jahres-Thema „Himmelreich und Fegefeuer“ und erschaffen von Kindern und Jugendlichen, die den Kursen der Malerin Sabine Raetsch zum großen Teil schon jahrelang die Treue halten. Komplettiert wird die pralle Exposition durch Requisiten der jüngsten Theaterinszenierung: sieben Ritterkostüme auf mannshohen Holzkreuzen, gestaltet von der Textilkünstlerin Eva Kowalski sowie Brustharnische und „Schlachtrösser“, die der Metallkünstler Rainer Fürstenberg mit den jungen Akteuren von „Mad King Cool“ in diesem Sommer entworfen und aus alten Fahrrädern zusammengeschweißt hat.
Nicht immer ist klar, ob die Arbeiten von Kindern und Jugendlichen stammen oder von Erwachsenen, zumal unter den ausgestellten Bildern auch Objekte von Sabine Raetsch sind und sich ansonsten keine Altersangaben finden lassen. Vieles in der mittleren Etage ist handwerklich und technisch sehr perfekt, die ganze Ausstellung professionell inszeniert. Doch das gehört zum Konzept des Offenen Kunstvereins, der Kinder und Jugendliche befähigen will, nachdem sie ihren ersten Linolschnitt gemacht haben, Jahre später selbst ihre eigene Ausstellung zu organisieren.
„Bei diesem Projekt haben wir die Geschichten des Alten Testaments gemeinsam gelesen und darüber gesprochen“, sagte Kursleiterin Raetsch, „wir haben versucht herauszufinden, ob die zehn Gebote auch für uns ,heidnisches Völkchen“ noch eine Bedeutung haben.“ Und sie ist erstaunt gewesen, „wie direkt man auch schon mit jüngeren Kindern über Geburt und Tod, Angst und Zweifel oder Unglück reden kann und wie sie ihre Gefühle dann mithilfe künstlerischer Mittel ausdrücken. Da gibt es dann „Adam und Eva“ von Branca Rocuant zu betrachten, die mit noch ungelenken Bleistiftstrichen beide Protagonisten vorgezeichnet und dann mit Tuschfarben gestaltet hat oder das große Ölgemälde von Robert Jaster „Am Anfang war der Geist, er schuf die Materie und das Leben“, auf dem zwei strahlend gelbe Hände eine lichte Erdkugel im dunklen Weltraum sanft umfassen. Oder den grüngesichtigen „Tod“, dargestellt als Sensenmann, von Philipp Kozik und sehr eindrucksvoll, ein Bild zum gleichen Thema, von der augenscheinlich noch sehr jungen Branca. Und den witzigen hellblauen Riesenengel mit Sturzkappe, Schutzbrille und „Erste-Hilfe-Koffer“ von Olaf Mücke, der neben den Flügeln auch noch mit Propellern an den Hacken ausgestattet ist.
Sehr sehenswert auch die kleinen klappbaren Altarbilder, auf denen die jungen Künstler, „das darstellen sollten, was ihnen besonders wichtig ist“, so die Vorgabe der Kursleiterin und auf denen man dann beispielsweise auf weinrotem Grund eine Mutter bei der Geburt ihres Kindes, gemalt von Janine Iwanow, sehen kann, die auch ihre beiden Muttergottesbilder mit großem Ernst inszeniert.
Und nicht zuletzt und kaum zu übersehen, „Klingsohrs Jungfrauen verschlingendes Monster“, das im neugestalteten Eingangsbereich mit gewaltigen Händen die zahlreichen Ausstellungsbesucher zur Eröffnung am Freitagabend empfing. Diese überlebensgroße Styropor-Plastik wurde von Antonia Christl, inzwischen 18 Jahre alt und seit zehn Jahren Kursteilnehmerin, gemeinsam mit dem gleichaltrigen Philipp Baumgarten und Wieland Hilker, der erst 12 ist, entworfen und gebaut. „Ganz ohne Anleitung durch Erwachsene“, wie Sabine Raetsch stolz erzählt.
Ausstellung bis 18. Dezember, Mittwoch bis Sonntag von 15 bis 19 Uhr, HermannElflein-Str. 10.
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