Kultur: Reise durch Himmel und Weltall
3. Symphoniekonzert des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt mit Debussy, Ravel und Holst
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Der unveränderliche Anblick des Himmels mit der langsamen und melancholischen Bewegung der Wolken in einem schwindenden Grau mit zarten weißen Tönen – so beschrieb Claude Debussy seine Komposition „Nuages“ (Wolken). Nicht nur den sichtbaren Himmel, gleich das ganze Weltall ließ das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt beim Symphoniekonzert im Nikolaisaal erklingen. Von Debussys impressionistischem Schlüsselwerk „Nocturnes“ ging der musikalische Weltraumflug zu Maurice Ravels erlesener Orientfantasie „Shéhérazade“, um schließlich mit Gustav Holst die Planeten zu besichtigen. Die menschliche Stimme – im Chor wie auch solistisch – setzt dabei in hoher Sopranlage spezielle Akzente. Unter der Leitung von Chefdirigent Howard Griffiths glänzten der Damenchor „Adoramus“ aus Frankfurts Nachbarstadt Slubice und die Sopranistin Robin Johannsen.
Nicht die Natur als solche bildete die Inspirationsquelle für Debussys „Nocturnes“, sondern die Kunst. Wie die stimmungsvollen Gemälde von James Turner und James Whistler wollte Debussy Impressionen und spezielle Beleuchtungen zum Ausdruck bringen. Ein ungewöhnlich großer Orchesterapparat steht der Tonmalerei im Dienste der Schönheit zu Gebot. Holzbläser, Harfen und sordinierte Streicher skizzieren mit mäandernden Klängen im pianissimo einen weit offenen Horizont. Englischhorn und gedämpfte Blechbläser tauchen punktuell aus dem Dunst auf.
Kaum merklich verschieben sich Metrik und Klangfarben, zeichnen bewegte Skizzen permanenten Wandels im scheinbar ewig gleichen. Entfesselt erklingen die folgenden „Fêtes“ als ein wenig festlicher, eher grotesker Aufzug im rhythmisch barbarischen Duktus à la Mussorgsky. Silbrige Spiegelbilder von Mond und Sternen auf dem nächtlichen Meer leuchten im Stück „Sirènes“ auf, begleitet von den wortlos reinen Gesangslinien der großartigen polnischen Sängerinnen.
Debussys erfinderisches Spiel mit neuen Klangspektren weitet sich in Maurice Ravels Liederzyklus „Shéhérazade“ zu einem Experiment von Gesang und Orchester. Drei Gedichte von Arthur Leclère, hermetische Wortkunst, übervoll mit Farben, Tönen, Impressionen, bilden die Basis. Deklamatorischer Sprechgesang wird vom Orchester mit einfallsreichen, melodischen und deskriptiven Passagen ergänzt. Sängerin Robin Johannsen übersetzt die versponnenen Texte mit silbrig blitzendem Sopran ausdrucksvoll und elegant. Großer Sonderapplaus ist ihr gewiss. Dem Orchester gelingen, auch mit vielen Solopassagen, irritierend brütende, ungewohnt parfümierte Episoden.
Das bekannteste Werk des englischen Komponisten Gustav Holst, „Die Planeten“, beschreibt in freier Suitenform den Charakter der sieben Planeten, die Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt waren. Viele Filmkomponisten, allen voran John Williams in seinen Star Wars-Filmen, haben sich auf dieses Werk berufen. Deutlich hörbar wird das im ersten Bild des antiken Kriegsgotts und erdnächsten Planeten Mars, wenn gewaltige Armeen im ostinato einer düsteren Melodie aufmarschieren. Auch die Venus findet ihr Maß – mild, anmutig, doch etwas zu süß, holzschnittartig, vibratoschmelzend aufgetragen. Merkur, der Götterbote, erscheint als nicht greifbarer, doppelgesichtiger, nicht nur rhythmisch ausgefuchster Hans Dampf in allen Gassen. Jupiter tritt als jovialer, majestätischer Göttervater auf mit hymnischem Pomp, personifiziert von der Tuba. Was diesem abgeht, besitzt Saturn, der „Bringer des hohen Alters“, in hohem Maße, subtile Klangsprache, angeführt von lastenden Moll-Akkorden in Flöten und Harfen. Schnell zieht Uranus, der Zauberer, mit viel Tohuwabohu vorüber. Neptun, der Mystiker und Herrscher des Wasserreichs, bildet das Finale.
Anhaltender Beifall für ein erfüllendes Symphoniekonzert mit dem Staatsorchester unter der souveränen Leitung von Howard Griffiths. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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