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Kultur: Reise in die Romantik

Christine Wolff entdeckte den Komponisten Eduard Lassen / Konzert in der Urania

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Einst sprach die Musikwelt vom unsterblichen Lassen. Heute ist er nahezu unbekannt. Frau Wolff, Sie wollen den Komponisten Eduard Lassen (1830-1904) wieder ans Licht holen und damit der Vergessenheit entreißen. Neben ihren vielfältigen Konzertverpflichtungen im In- und Ausland., haben Sie gemeinsam mit der Pianistin Anastasia Mozina-Braun einen Liederabend vorbereitet, den sie am 15. Februar in der Potsdamer Urania vorstellen. Wie sind Sie auf Eduard Lassen gekommen?

Da ich sehr gern in Antiquariaten nach alten Noten krame, entdeckte ich eines Tages Lieder von Eduard Lassen. Ich kannte vorher diesen Komponistennamen nicht. Zu Hause schaute ich mir hin und wieder die Lieder am Klavier an. Und je öfter ich sie für mich sang, begeisterten sie mich. Schließlich beschloss ich, die Lieder in meinem Repertoire aufzunehmen.

Der belgische Dirigent dänischen Ursprungs Eduard Lassen, Zeitgenosse und Freund von Franz Liszt, Peter Cornelius und Richard Wagner, war vierzig Jahre Generalmusikdirektor am Theater der Goethestadt Weimar. Sein Nachfolger in diesem Amt war übrigens Richard Strauss. Lassen war auch ein sehr produktiver Komponist. Opern, Orchesterwerke, Kantaten und 270 Lieder stammen aus seiner Feder.

Lassens Lieder sind wunderschön. Sie haben ein gewisses Sentiment ohne kitschig zu sein. Sie laden zum Träumen ein, entführen in eine Welt, die eigentlich noch gar nicht so weit entfernt ist. Durch die rasant sich entwickelnde Technik des 20. Jahrhunderts, die Veränderung der Lebensgewohnheiten und die Musikentwicklung, bedeuten Lassens Lieder nunmehr eine interessante Reise in die romantische Vergangenheit – klassisch und elegant. Sie sind im besten Sinne unterhaltend.

Franz Liszt oder Hugo Wolf reizten in den formalen Anlagen ihrer Liedbegleitungen den Klaviersatz oft bis an die Grenze der Gattung aus. Dabei nahmen sie keine Rücksicht auf künstlerische Grenzen der Sängerinnen und Sänger.

Viele Lieder von Lassen sind dagegen bewusst in schlichterem Stil gehalten. Sie sind eine gelungene und interessante Synthese aus Volks- und Kunstlied. Seine Klavierbegleitung war absichtlich so gesetzt, dass sich Musikliebhaber am Klavier selbst begleiten können und Raum für Improvisation bleibt. Der Klaviersatz kann und darf variiert werden. Es war Lassen wichtig, die Gattung Kunstlied nicht nur einem elitären Publikum passiv darzubieten, sondern praktisch erlebbar zu machen. Dennoch. Eine große Anzahl der Lieder sind pianistisch anspruchsvoll.

Man sang die Piecen von Eduard Lassen sehr gern in den Salons, meist interpretiert von begabten Hausfrauen und deren Töchtern.

Auch im Elternhaus von Thomas und Heinrich Mann gab es solche Salons. Thomas Mann schrieb: „Meine Mutter hatte eine kleine, aber überaus angenehme und liebliche Stimme, und mit einem künstlerischen Takt, der das Sentimentale so selbstverständlich wie das Theatralische ausschloss, sang sie sich und mir alles Hochgelungene, was diese wundervolle Sphäre von Mozart und Beethoven über Schubert, Schumann, Robert Franz, Brahms und Liszt zu bieten hatte. Ich wäre versucht, um jener Stunden willen eine Lanze zu brechen für Eduard Lassen, einen Musiker etwas süßlichen Geschmacks, wie ich schon damals unterschied, der es aber in Verbindung mit Heine zu einer sensitiven Ironie des Ausdrucks bringt, die mir unvergesslich ist. Man versuche wieder einmal seine Kompositionen und sage mir ob das nicht sehr gut ist.“

In der Potsdamer Urania stellen sie erstmals Ihr Lassen-Programm der Öffentlichkeit vor.

Darauf freue ich mich sehr. Wir wollen an diesem Abend etwas Salonatmosphäre erzeugen. Ich werde nicht nur singen, sondern auch über Lassen und seine Lieder erzählen.

Sie haben bei der Erarbeitung der Lieder mit der in Potsdam lebenden Pianistin Anastasia Mozina-Braun zusammen gewirkt.

Anastasia ist eine wunderbare Pianistin Als einfühlsame Liedbegleiterin wird sie zu Meisterkursen berühmter Gesangsinterpreten eingeladen, beispielsweise von Barbara Bonney, Marilyn Horne und Sergej Leiferkus.

Mit dem Urania-Konzert geht eine jahrelange Vorbereitungszeit in puncto Lassen zu Ende.

Vielleicht ist es erst der Beginn, vor allem, was die Konzerte betrifft. In Vorbereitung ist auch eine CD. Freuen würde ich mich, wenn ich einen Anstoß bei meinen Kollegen und für Musikwissenschaftler in Sachen Lassen gegeben habe.

Sind Sie bereits wieder auf der Suche nach einem unbekannten Komponisten?

Ja, ich habe Adolf Jensen entdeckt. Er ist ebenfalls ein Komponist der Spätromantik und Freund von Johannes Brahms. Aber ich lasse mir damit Zeit, Ich will nichts überstürzen.

Das Gespräch führte Klaus Büstrin

15. Februar, 19 Uhr, Urania Potsdam, Gutenbergstraße 71/72, Kartenvorbestellung unter Tel. 0331/291741.

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