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Kultur: Rendezvous bei Kunst und Kardamontee

Sinn für Besonderes: Galerie-Café 11-line mit Werken von Karola Thomas

Stand:

Objekte, die an der Decke hängen, werden unwillkürlich zum Blickfang, wenn sie mit langen Kunststoffstrippen wie Tentakel in den Raum ausgreifen. Der Blick fängt sich weiter in einem aufrechten Objekt – ebenfalls aus Kunststoff – das sich als „Farbdusche“ entpuppt. Der Raum will mit Bedacht erobert werden: über den Boden liegen locker leuchtend grüne Reifen verstreut. An den Wänden hängen oder stehen auf Silikonsockeln Bilder auf Leinwand oder Textil neben den unterschiedlichsten ausgefallenen Objekten. Unkonventionell ist nicht nur die Arbeit „Drei Zellhaufen (Drei Hunde)“, auch sie bestehend aus einem Mix von Kunststoff und anderem Wegwerfmaterial.

Die Künstlerin Karola Thomas hat dieses Ensemble eigens für die Raumsituation in der Galerie 11-line zusammengestellt. Dabei griff sie auf einen Fundus aus Arbeiten zurück, der im Laufe der letzten zehn Jahre entstand. Obwohl in verschiedenen Lebens- und Werkphasen entstanden, fügt sich alles zu einem in sich geschlossenen Bild: gerade so, als wären die Bilder und Objekte, die sich teilweise tatsächlich unmittelbar aufeinander beziehen, alle auf die ein oder andere Weise miteinander verwandt. Karola Thomas hat festgestellt, dass sich ihre bildnerische Arbeit in unmittelbarer Abhängigkeit von ihrer Umgebung entfaltet und aus dieser Erkenntnis die Konsequenz gezogen. Eins ihrer Hauptwerke – das Leinwandbild „Das Reh“ (Florales Bild) – hat die Künstlerin beispielsweise in die Natur getragen, um zu überprüfen, ob und wie es dort funktioniert.

Eine weitere Bestandsprobe stellte die Konfrontation dieses Bildes mit der Alltagswelt der Künstlerin dar. Was dann passierte, ist mehr als eine Geschichte wert, von denen die Künstlerin eine Fülle in Petto hat. Warum Karola Thomas mit ihrer Kunst so weit in den Raum geht, dass am Ende ein begehbares Bild daraus wird, dies und noch viel mehr ist zu erfahren, wenn man die sich noch zweimal bietende Gelegenheit einer Führung der Künstlerin durch ihre Ausstellung nutzt. Vor und nach der Führung locken am Rande der Ausstellung kleine Verführungen aus der Küche des Galerie-Cafés.

Der sich erst seit wenigen Monaten in Potsdams Charlottenstraße etablierende Treffpunkt für Kunstliebhaber und andere Genießer geht auf eine weitere kleine Geschichte zurück. Ein wesentliches Erfolgsgeheimnis dabei hat ganz offensichtlich mit dem Zusammentreffen der richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt etwas zu tun: Eine Kunst interessierte Physikerin trifft in bester Innenstadtlage auf ein so gut wie fertig eingerichtetes Café mit Ausstellungsraum. Ihr Vorschlag, dieses Café u. a. mit Kunstausstellungen zu bespielen, trifft bei den beiden Kunst zugewandten Eigentümern und Projektentwicklern auf Gegenliebe: Kurze Zeit später übernimmt Ines Gauß den Cafébetrieb und heißt schon bald die ersten Künstler willkommen. Eine von ihnen ist Karola Thomas, gebürtige Potsdamerin. Nach einem ausgiebigen Dresden-Intermezzo inklusive Kunststudium und Auslandsstipendium in England ist sie inzwischen in ihre Heimatstadt zurückgekehrt. Ihr Wunsch, in Potsdam auszustellen, fällt bei der frisch gebackenen Ausstellungsmacherin auf fruchtbaren Boden.

Mit der Ausstellung „randlos mit präzision verspielt“ von Karola Thomas weihte das „11-line“ kürzlich seinen Galerieraum offiziell ein. Um eine Galerie im engeren Sinne handelt es sich freilich nicht. Das, was Ines Gauß und ihrem „backoffice“ in Gestalt von Günter Holfeld und Manfred Fleischer vorschwebt, ist das gesellige Verweilen inmitten von Kunst. Die sichere Aktie des Cafébetriebes dürfte auf lange Sicht das kulinarische Verwöhnprogramm rund um Currys, erlesene Torten und Kaffeespezialitäten sein.

Die Kunst arrangiert sich drumherum: einerseits im überschaubaren Gastraum, andererseits in dem durch große Schaufensterflächen einsichtigen eigentlichen Ausstellungsbereich. Die ausgewogene Mischung zwischen Sherrytorte und einem gepflegten Gläschen inmitten von Kunst entspricht einem Ambiente, das bislang vor allem Künstler, Galeristen und eine aufgeschlossene Laufkundschaft um die Ecke der neu ausgerufenen „Kunstkurve“ zwischen Broadway und Charlottenstraße zieht. Noch befindet sich das Betreiberkonzept in der Erprobungsphase. Als Experiment ist das Galerie-Café 11-line auf alle Fälle unter sympathischen Vorzeichen gestartet.

Almut Andreae

Galerie 11-line, Ausstellung noch bis zum 1. März: Mo-Fr 10-16 Uhr, Sa 15-18 Uhr, Charlottenstr. 119. Führungen durch die Ausstellung mit Karola Thomas: Sa, 21. und 28.2.: 16 Uhr. Zur Finissage am 1. März (Beginn 16 Uhr) trägt Christine Frohnauer Lyrik vor, die inspiriert ist durch Karola Thomas’ Kunst.

Almut AndreaeD

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