8. Sinfoniekonzert des Landes-Staatsorchesters: Rhythmusorgie trifft auf Gefühlsmusik
Was würde Wagners einzig überlebender Bösling Alberich, der in der „Ring“-Tetralogie der Liebe entsagt und das Rheingold an sich gerissen hatte, nach dem Untergang der Götter anstellen? Ein verführerisches Gedankenspiel, dem der amerikanische Komponist Christopher Rouse (geboren 1949) in seiner 1997 entstandenen Fantasie für Solo-Schlagzeug und Orchester „Der gerettete Alberich“ lustvoll nachgeht.
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Was würde Wagners einzig überlebender Bösling Alberich, der in der „Ring“-Tetralogie der Liebe entsagt und das Rheingold an sich gerissen hatte, nach dem Untergang der Götter anstellen? Ein verführerisches Gedankenspiel, dem der amerikanische Komponist Christopher Rouse (geboren 1949) in seiner 1997 entstandenen Fantasie für Solo-Schlagzeug und Orchester „Der gerettete Alberich“ lustvoll nachgeht. Eine neue Weltherrschaft anstreben? Möglich wär es schon, denn Wagners Leitmotive deuten in die mögliche Richtung. Kaum sind die letzten Welterlösungstakte der „Götterdämmerung“ verklungen, beginnt ein wundersames Klangweben mit entsprechenden zeitgenössischen Brechungen. Um dem Ganzen die rechte Klangwürze zu geben, ist ein riesiges Aufgebot von Schlagwerkzeugen vonnöten. Holzblöcke, chinesische Klangschalen, kleine und große Trommeln, Bongos, Marimbaphon, Tomtoms, Steel drums und noch vieles mehr füllen den vorderen Teil des Podiums restlos aus. Und auch die Musiker des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt sitzen dicht an dicht.
Wird die zierliche chinesische Solistin Shengnan Hu den kräftezehrenden Aufgaben gewachsen sein? Braucht sie gar Verstärkung? „Sie spielt alle diese Instrumente allein“, weiß Chefdirigent Howard Griffiths etwaige Zweifel des erwartungsvoll gestimmten Publikums beim 8. Sinfoniekonzert am vergangenen Samstag im Nikolaisaal zu zerstreuen. Zwischen brachial und melodiensüß mäandert das Werk höchst ergötzlich dahin. In ihm erinnert sich Alberich an Vergangenes, kündet swingend bis orgiastisch von seinen künftigen Machtgelüsten. Dabei vollführt die Schlagwerkerin mit technischer Bravour und gedanklicher Koordinierungskunst die raffiniertesten Schlägel-Attacken. Als Zugabe spielt sie ein vibratoselig-schwebendes volksliedhaftes Stück.
Nicht weniger klangverführerisch zeigen sich die „Atmosphères“ (1961) von György Ligeti, dessen 87 Orchesterstimmen für farbenschillernde Klanggeflechte sorgen. Weich, aufregend, ineinander fließend und wispernd, dann wieder geheimnisvoll, drohend und knisternd wie Sonnenwindrauschen im Weltall klingt, was die Musiker mit expressivem Klangsinn aufspüren. Mit der Sinfonischen Suite aus „Gajaneh“ (1942) von Aram Chatschaturjan steht ein weiterer Repertoire-Klassiker auf dem Programm. Vom rasant gespielten Säbeltanz über idyllische Ruhepole (Aishas Tanz) und dem kraftstrotzenden Tanz der jungen Kurden bis zum feurigen Finaldrive der Lesginka begeistert der voluminös-satte Sound des Orchesters. Als große Gefühlsmusik, ohne dabei in Kitsch abzugleiten, erweist sich auch das schlank musizierte „Adagio“ aus dem „Spartakus“-Ballett (1956) des armenischen Melodikers. Enthusiastischer Beifall. Peter Buske
Peter Buske
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