Kultur: Ringen um Ruhe
Benefizkonzert des Persius Ensembles in der Friedenskirche Sanssouci
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„Ihr Kinderlein, kommet", heißt es in dem bekannten Weihnachtslied. Es kamen gottlob nicht alle, um in der Friedenskirche Sanssouci stimmungsvoller „Musik im Advent“ zu lauschen.
Zu diesem Benefizkonzert zugunsten der Kindertagesstätte Friedenshaus hatte das Persius Ensemble in Zusammenarbeit mit dem Förderverein der Kirchen-Kita eingeladen. Der Wunsch von Superintendent Bertram Althausen, die Kinder mögen die erklingende Musik annehmen, bleibt leider ein frommer: Der größte Teil der Zwei- bis Vierjährigen ist unaufmerksam, einige toben zwischen und in den Bankreihen herum, kreischen, lachen lauthals, spielen im gut besuchten Kirchenschiff „Einkriegezeck“. Die meisten Erziehungsberechtigten können ihre Zöglinge, zum Teil sogar noch im Krabbelalter, nicht zur Räson bringen. Die Musik muss unter solchen Bedingungen schlichtweg zur Geräuschkulisse verkommen. Für die Musiker sicherlich eine Tortur, gegen diesen Geräuschpegel anzuspielen. Peter Rainer, als künstlerischer Leiter des Persius Ensembles seit langem für die musische Erziehung von Kindern nachhaltig engagiert, mahnt in freundlichen Worten immer wieder zur Ruhe. Es hilft nichts.
Warum eigentlich, so fragt sich der kritische Beobachter des einstündigen Ringens um Ruhe und der aufmerksamkeitserheischenden Musikverbreitung. Wurde vom Veranstalter nicht zuvor in der Kita oder an der nachmittäglichen Kasse die Empfehlung ausgesprochen, dass die anspruchsvollen Tonsetzereien für Kinder erst ab sechs Jahren geeignet sind?
Es hätte eine so schöne Einstimmung auf den bevorstehenden 2. Advent werden können.
Zumal der rot(zipfelmützig)e Faden der Programmfolge durchaus tragfähig und kindgemäß war: Der „zu spät gekommene“ Ralph (Günthner, Bratsche) habe sich zuvor im Park Sanssouci verlaufen, dort die Kopfbedeckung und das Tagebuch des Weihnachtsmanns gefunden. Aus dem nun liest Peter Rainer vor. Und so erfahren die Kleinen (und wir Großen), dass der Geschenkebringer – nein, nicht in Himmelpfort, wie einige vorlaute Knaben mutmaßen, sondern im hohen Norden wohne. Früh sei er aufgestanden. Was unweigerlich zur tonmalerischen „Morgenstimmung“ aus Griegs „Peer Gynt“-Suite hinleitet.
Dann kommt ein glöckchenklingelnder Abschnitt aus Leopold Mozarts „Musikalischer Schlittenfahrt“ zu Gehör. Beim Rhythmusklatschen machen die meisten mit. Doch der zündende Funke springt nicht über. Originell ist die Bearbeitung von Bachs berühmter Toccata d-Moll BWV 565 für neun Instrumente von Jan Böttcher geraten. Doch wer das Original nicht kennt, vermag die nunmehrige Stimmenverteilung nicht recht zu würdigen. Die Kinder können es nicht, sie langweilen sich. Ihre Reaktionen: siehe oben.
Die ständig ausfallende Tonübertragungstechnik trägt ein Übriges dazu bei, dass es mit der kindlichen Aufmerksamkeit immer mehr bergab geht. Der von allen wahrgenommene „Vortrag“ des Stücks „Stille“ von „Komponist“ Eisbär Olaf (hübscher Einfall) gerät darob zum Fiasko. Ähnlich auch das angesagte gemeinsame Singen des Weihnachtsliedes „Es ist ein Ros entsprungen“, bei dem die vor den Musikern gruppierten Kinder alles Mögliche machen, nur nicht singen. Bei „Ihr Kinderlein, kommet“ können sie wenigstens die erste Strophe.
Froh sind alle, als das Zusammensein zu Ende ist. Und das wird heftig beklatscht.
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