Kultur: Ritters Sporn
Erinnerungen an Karl Foerster im Garten gelesen
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Ein großes schwarzes Objektiv ist auf den kleinen grünen Frosch gerichtet. „Küssen!“ ruft jemand. Zwei ältere Damen mit Strohhut stehen neben dem Teich und kichern. An diesem warmen Sommerabend im Garten der Marianne Foerster erblüht neben dem duftenden Salbei selbst das simple Rosenkraut so schön wie nie. Kurz vor Beginn der letzten Veranstaltung der Reihe „Im Garten vorgelesen“ des Urania-Vereins, wird zwischen Rittersporn und Phlox noch eifrig gefachsimpelt „Diese hier gehört zu den Verbenen“, sagt eine Besucherin zu ihrer Freundin. Eine Dame in Querstreifen zeigt ihrem Begleiter in Längsstreifen wie er die Kamera auf die Blüten, dicken Hummeln und Schmetterlinge halten soll.
Sanfte Oboenklänge rufen die Gäste zusammen, die sich im ganzen Garten verteilt haben. Mit Melodien von Anton Stamitz beginnt die Lesung „Ein Garten der Erinnerung“, die dem Vater des Gartens, Karl Foerster, gewidmet ist. Er war der Ritter des Rittersporns. 100 verschieden Arten hat er von dieser Blüte gezüchtet und ist dafür berühmt geworden. Karl Foerster soll auch jede Nacht von Pflanzen geträumt haben, so liest Wolfgang von Unterzaucher mit fester ruhiger Stimme aus den Erinnerungen der Ehefrau Eva Foerster. Ein komischer, aber liebenswerter Kauz muss dieser Karl Foerster gewesen sein. Um Mitternacht noch wurde die ganze Familie zum Blumenschneiden gerufen, wenn es darum ging, die letzten Blüten vor dem Winter zu retten. Im Laternenlicht hat er neue Blüten vor dem Schlafengehen noch einmal begutachtet. Bis zu seinem Tod 1970 arbeitete er, oft geplagt von Gelenkschmerzen, in seinem Garten und dokumentierte seine Züchtungen in zahlreichen Publikationen.
Dieser ungewöhnliche Enthusiasmus für Gärten, so liest Unterzaucher aus den Kindheitserinnerungen und Briefen des jungen Karl Foersters, wurde früh von den Eltern Wilhelm und Ina Foerster gefördert. Einen Garten für jedes Kind war ihr Credo. In diesen „Kindergärten“ konnten die Eltern auch die charakterliche Entwicklung ihrer drei Sprösslinge wachsen sehen. Geboren 1874, muss Karl Foerster eine untypische Kindheit für seine Zeit gehabt haben. Die Texte, aus denen Unterzaucher liest, herausgegeben von Foersters Frau, sind voller Freiheitsgefühl und Jugendstreichen. Die Mutter spielt darin eine wichtige Rolle, als Förderin, Kritikerin und Verbündete.
Das Bild, das an diesem Abend von Foerster gezeichnet wird, ist sehr liebevoll. Sicher hätte es Karls Tochter Marianne Foerster gefreut, diesem Andenken an ihrem Vater in seinem eigenen Garten beizuwohnen. Ihr Lieblingsplatz auf der Veranda ihres Hauses, der mit dem besten Blick auf die Gartenbühne, ist für die im März 2010 Verstorbene reserviert. Dafür hat Renate Bormann von der Urania gesorgt. Zusammen mit Marianne Foerster hatte sie diese Lesung geplant. Noch steht das Foersterhaus leer und niemand weiß so recht, was daraus wird. Ideen gibt es viele. Angedacht ist auch ein Museum. Entschieden werden kann jedoch nichts, bis das Testament von Marianne Foerster eröffnet ist. Und bis dahin kümmern sich zwei Gärtner der Stadt um den Garten.
Die Schlusstakte des letzten Stamitz-Musik verklingen etwas rascher, denn die Regenwolke, die sich diesen Sonntagabend immer wieder gutwillig verzogen hat, nähert sich nun doch bedrohlich. Die leeren Weingläser werden abgegeben. Zufriedene Zuhörer schlendern zu ihren Autos und machen dem Regen Platz. Der Frosch, so scheint es, quakt dem letzten Gast erleichtert hinterher.Undine Zimmer
, ine Zimmer
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