zum Hauptinhalt

Kultur: Romantikerin auf der Orgelbank

Bachtage Potsdam: Gala zum einjährigen Jubiläum der Altar-Orgel mit Iveta Apkalna in der Nikolaikirche

Stand:

Man muss sich verkaufen. Möglichst gut. PR-Maßnahmen sind dabei unumgänglich. Auch die Bachtage Potsdam kommen um solche marktwirtschaftlichen Überlegungen nicht herum, wenn Haus wie Kasse gut gefüllt sein wollen.

Für die Orgelgala, mit der am Montag das einjährige (Daseins-)Jubiläum der Altarorgel in der Nikolaikirche begangen wurde, hatte man die lettische Künstlerin Iveta Apkalna „exklusiv“ verpflichtet, wie das Programmheft voller Stolz über die Echo-Klassik-Gewinnerin des vergangenen Jahres vermerkt. Wörtlich genommen hieße das, sie dürfe ab sofort nur noch in und für die Nikolaikirche tätig werden. Was natürlich unsinnig ist. Und so erscheint Bescheidenheit bei der Bewerbung (s)eines „Produkts“ mitunter glaubhafter als jegliche euphorische Anpreisung.

Wir würden Orgeltöne vernehmen, die sonst nirgends so erklingen, erklärt zuvor der Bachtage-Chef Björn O. Wiede der Hörgemeinde, die sich auf den Holzbänken der rechten Kirchenhälfte platziert hat. (Zur Erinnerung: seit Wochen findet in Potsdam der Internationale Orgelsommer statt, der mit ganz anderen hochkarätigen Künstlern und Kompositionen aufwartet!) Wir könnten, so Wiede weiter, „andächtig lauschen, was der eine dem anderen mitgegeben hat“. Gemeint sind Johann Sebastian Bach und Jahresjubilar Wolfgang Amadeus Mozart, aus deren uvre Iveta Apkalna einige Highlights vorstellt. Wie sie“s kann, stellt sie nachdrücklich unter Beweis.

Weniger klangstreng als gewöhnlich zu hören, erklingt Bachs bekanntes Praeludium und Fuge Es-Dur BWV 552, das beim diesjährigen Orgelsommer bereits mehrfach gespielt wurde. Für die strahlende Festmusik zieht die Organistin das Organo pleno und weichtönende Stimmen, um so das Doppel gleichsam in ein romantisches Klanggewand zu hüllen. Den Kenner erinnert“s an den frühen Felix Mendelssohn Bartholdy. Erstaunlich, wie homogen die Register verschmelzen. Das ihr von Wiede zuvor bescheinigte „strukturerhellende Spiel“ stellt sich jedoch nicht ein.

Auf Mischklänge setzt die vorzügliche Legatospielerin auch bei drei „Schübler“-Chorälen, denen sie durch gedeckte Farben einen elegischen Ausdruck verleiht. Dem „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ schenkt sie mit der Acht-Fuß-Trompete, dem „Kommst Du nun, Jesu“ mit Blockflötenimitationen entsprechenden Wortsinn. In der gleichfalls nicht ganz unbekannten Passacaglia und Fuge c-Moll BWV 582, abschließend gespielt, gewinnen sich die Principale die Oberhand, so dass einem strukturerhellenden Spiel nun endlich nichts mehr im Wege steht. Gravitätischen Schritts durchmisst Apkalna das figurativ reich ausgeschmückte Klanggebäude, dabei mit Fingerzeigen auf melodische und harmonische Wendungen nicht sparend.

Dazwischen erklingen zwei von Mozarts „Erträgnisgutschriften“ vom Bachschen Fugenkonto. Dem C-Dur-Adagio KV 617 a (für Glasharmonika) erzeugt die Organistin schwebungsreiche, celestaartige Klänge – eine gelungene Adaption für die Orgel. Die fragmentarische Fuge Es-Dur KV 375 f (für Klavier) erweist sich als eine bloße Handgelenksübung. Wesentlich interessanter hört sich dagegen die Fantasy on Mozart“s „Turkish march“ von S. Weiner an, der sich zögernd an das bekannte Thema herantastet, ehe er es skurril verfremdet. Man könnte die originelle Mozart-Hommage glatt für einen Hitchcock-Film verwenden! Hier ist die beifallsverabschiedete Konzertorganistin Iveta Apkalna endlich bei sich angelangt.

Weitere Konzerte der Bachtage: Heute Orgelkonzert mit Dirk S. Donker, 19.30 uhr, in der Friedenskirche; 7. September, 20 Uhr Voncerti in der Orangerie Schloss Glienicke mit Exxential Bach; 8. September, 20 Uhr, Goldberg-Variationen mit dem Gaede-Trio in der Französischen Kirche

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })