Kultur: Rotkäppchen in Noten
Der Komponist Gisbert Näther bringt das Grimm-Märchen zum Klingen
Stand:
Herr Näther, das am Sonntag zur Uraufführung gelangende „Rotkäppchen“ ist nicht Ihre erste Komposition für Kinder. Mit „Max und Moritz“ und „Der kleine Prinz“ sind Sie bereits musikalisch in die Kinderwelt vorgedrungen. Welche Unterschiede machen Sie, wenn Sie für junge Leute komponieren? Muss man da auf besonders einfache Melodien und Harmonien achten?
Nein, auf keinen Fall. Der Inhalt ist für mich entscheidend. Ich würde ein Rotkäppchen für Erwachsene genau so komponieren. Ich muss so schreiben, wie ich es gut finde. Ob andere und noch dazu Kinder daran Freude haben, das kann ich nur hoffen. Ich denke, dass die Musik zum Rotkäppchen an den dramatischen Stellen hochgradig sinfonischen Charakter hat. Kinder reagieren spontan auf Musik. Sie sind nicht konservativ vorbelastet. Bei „Max und Moritz“ bekomme ich zum Beispiel viel positive Kritik auch vom erwachsenen Publikum.
Nun ist das Rotkäppchen ein ziemlich „abgedroschenes“ Märchen. Haben Sie dennoch Spaß daran gefunden?
Ja, natürlich. Es wird viele Kinder geben, die das Märchen kennen. Sie können sich dann voll auf die Umsetzung des Themas konzentrieren. Durch die Kopplung von Musik und Tanz (ohne Text) entsteht ja auch für die Kinder etwas Neues, die das Märchen kennen. Selbst die Fragen des Rotkäppchens an den Wolf werden musikalisch und tänzerisch umgesetzt.
Bislang gibt es wohl keine Vertonung dieses Grimmschen Stoffs. Haben Sie versucht, ähnlich wie bei Peter und der Wolf den Figuren bestimmte Instrumente zuzuordnen?
Ja, aber vor allem hat jede Figur ihr Thema und ihr Instrument: das Rotkäppchen die Oboe, die Mutter die Violine, die Großmutter das Violoncello, der Wolf den Kontrabaß und das Fagott, der Jäger die Pauke. Die musikalischen Themen sind so gestaltet, dass sie auch Charaktermerkmale versuchen darzustellen.
Die Musik muss ja auch tänzerisch auftrumpfen. Wie sind Sie dem entgegen gekommen? Entwickelten Sie bestimmte Dinge auch mit Frau Erxleben zusammen?
Frau Erxleben spielte bei der Konzeption eine große Rolle. Sie hat mir einen szenischen Fahrplan mit Zeitangaben und einer genauen dramaturgischen Linie gegeben. Ich hatte also meinen roten Faden.
Kam Ihnen beim Komponieren dieses Tanz-Märchen-Stoffs das Musizieren im Filmorchester zugute?
Weniger. Das eine hat mit dem anderen nicht viel zu tun. Trotzdem ist die Verbindung von Praxis und Theorie immer günstig.
– Das Interview führte Heidi Jäger.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: