Kultur: Ruhig ist nicht mit weich zu verwechseln
Der Gitarrist Julian Dawson mit Freunden im Waschhaus
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Der Gitarrist Julian Dawson mit Freunden im Waschhaus Die Bemerkung mit dem „Flauschpop“ hat Julian Dawson wirklich überrascht. Seit über 30 Jahren auf den Bühnen unterwegs, habe er schon einiges über seine Musik hören müssen. Dann, vor wenigen Tagen nach einem Konzert in Hamburg, las er eben jene Klassifizierung in einer Tageszeitung. Hätte er Haare auf dem Kopf, sie würden ihm wohl noch immer zu Berge stehen. Doch dieser Zweimeterkerl ist Gemütsmensch durch und durch. Und so berichtete er am Dienstagabend im Waschhaus dem kleinen Publikum mehr amüsiert denn verärgert, dass er wohl in Zukunft seine Konzerte „flauschig“ oder in seiner Muttersprache „fluffy“ ankündigen werde. Im Juli wird Julian Dawson seinen 50. Geburtstag feiern. Und wer den Briten kennt, der kann sich auch schon denken wie: ganz gewiss mit einem Konzert. Dawson, der früh zur Gitarre griff, mehrere Jahre in Deutschland verbrachte, weil er sich hier Erfolg versprach, scheint mit der Bühne verwachsen zu sein. Gerade erschien sein aktuelles Album „Bedroom Suite“, mit dem er nun über 40 Konzerte in Deutschland gibt. Und obwohl er mittlerweile schon als Urgestein in der Singer-Songwriterszene gilt, kann von Abnutzungserscheinungen bei ihm nicht die Rede sein. Dawson setzte nie auf den große Effekt. Die Akustikgitarre war und ist ihm immer nur Begleitung, den Rest übernimmt seine Stimme. Und die hat es in sich. Mit einer A cappella Nummer eröffnete er den Abend. Dawson sang und etwas war im Raum. Klar und kraftvoll, einfach überzeugend, kamen hier nie Zweifel auf. Dass er sich mit seine Musik mehr den Balladen verpflichtet fühlt, mag ihm den unsäglichen Vergleich mit dem „Flauschpop“ eingebracht haben. Doch auch wenn er es oft ruhig schätzt, Dawson lieferte nie watteweiche Kuschelmucke. An die 20 Alben wird er in den zurückliegenden Jahren veröffentlicht haben. Viele Musikerkollegen haben sein Spiel, ob mit der Gitarre oder Harmonika, auf ihren Aufnahmen schätzen gelernt. Und auch Dawson weiß, dass von mehreren Musikern manchmal mehr ausgehen kann, als von einem Einzelkämpfer. So spielte er an diesem Abend zusammen mit dem neuseeländischen Sänger und Gitarristen Richard Kennedy, der mit einer Version des Hendrixklassikers „The Wind Cries Mary“ die Kinnladen klappen ließ. Der dritte im Bunde war Dawsons langjähriger Freund Ron Randolf. Zwei- oder dreistimmiger Gesang, dazu Gitarre und Harmonika, mal auch die Mandoline, die drei spielten sich durch ihre Lieder, dass es nicht nur ihnen eine Freude war. Ein Blues, ein wenig Boogie oder Ragtime, doch vorwiegend Balladen, die einem aber nie über wurden. Ein ruhiger Abend, den Dawson mit kleinen, unterhaltsamen Episoden spickte. Von flauschig aber keine Spur. Dirk Becker
Dirk Becker
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