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Kultur: Sangesfreude aus jungen Kehlen

„ bald ist der Sommer da“, heißt es im „April“-Duett aus der Feder von Johann Wolfgang von Goethe, das Fanny Hensel liebevoll und schlicht vertont hat. In der Französischen Kirche am Bassinplatz war es kühl.

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„ bald ist der Sommer da“, heißt es im „April“-Duett aus der Feder von Johann Wolfgang von Goethe, das Fanny Hensel liebevoll und schlicht vertont hat. In der Französischen Kirche am Bassinplatz war es kühl. Den Sängerinnen und Sängern, die unter dem Titel „Du holde Kunst“ Chormusik und Literarisches aus der Zeit der Romantik offerierten, war''s in ihrem langen Schwarzen (Junges Vokalensemble Potsdam unter der Leitung von Gabriele Tschache) oder piekfeinen Schwarzanzug (Männerstimmen des Knabenchores der Singakademie Frankfurt an der Oder, geleitet von Jürgen Hintze) war es bei der großen Hitze gerade recht. Zu hören gab es Liebes- und Naturlyrik bedeutender Dichter von Bettina von Arnim über Goethe und Heine bis Joseph von Eichendorff, vertont von nicht weniger berühmten Komponisten, wobei Felix Mendelssohn Bartholdy zahlenmäßig überlegen ist. Vorgetragen wurden sie von den Chören allein oder gemeinsam, a cappella oder zur Klavierbegleitung. Für Abwechslung war also reichlich gesorgt. Gemeinschaftlich stimmten sie den reichlich verspäteten Mendelssohn“schen „Frühlingsgruß“ an, wobei jeder Chor für sich sehr homogen und weich getönt, sauber und geschmeidig klang. Doch sollte es sich mischen, blieb die Trennlinie unüberhörbar. Jedes Ensemble bringt, ganz natürlich, eigene Vorstellungen über Klang und Ansatz, Legatolinien und Höhenbewältigung ein. Diese Grenzen lassen sich nicht so einfach überwinden. Dafür entschädigten die jungen Sängerinnen und Sänger mit Stimmfrische und Beweglichkeit, der unverhohlenen Freude am Gesang. Es machte Spaß, ihnen beim Vortrag all ihrer Herzgedanken zuzuhören. In der Natur hielten sie sich vorzugsweise am Abend oder in der Nacht auf. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt. Das Junge Vokalensemble Potsdam mit seinen Frauenstimmen tönte immer dann gut, wenn es sich bei einem gepflegten Mezzoforte in mittleren Lagen aufhalten durfte. Bei Höhenaufschwüngen wurde es in den Sopranen rasch unsauber und leicht schärflich, geht der Glanz verloren, wie in Schuberts Vertonung des 23. Psalms „Gott ist mein Hirte“. Der Alt-Gruppe stand viel von dem, wovon sie sang, ins Gesicht geschrieben. Vergnügt und rhythmisch sicher trugen die vereinigten Frauenstimmen die „Two Eastern Pictures“ von Gustav Holst vor. Die Männerstimmen aus Frankfurt hörte der Rezensent schon spontaner, lebendiger und ausdrucksstärker, einfach glaubwürdiger. Schuberts getragene Chorlieder („Die Nacht“, „Nächtliches Ständchen“) klangen im Ausdruck einander sehr ähnlich. Mendelssohn Bartholdy („Trinklied“, „Der Jäger Abschied“) schienen ihnen dagegen zu liegen, denn zu ihm fanden sie hörbar einen inneren Zugang. Und so war es auch kein Wunder, dass sie den gemischtchorigen „Abschied vom Walde“ kernigen Klangs dominierten. In diese holdmusikalische Kunstausübung fügte sich Klaus Büstrin mit seiner plastischen und poetischen Sprachgestaltung von Hans Christian Andersens Märchen „Die Nachtigall“ vorzüglich ein. Verschmitzt und witzig ließ er den tiefen Sinn der Geschichte um die singende Nachtigall und ihres künstlichen Pendants am Hofe des chinesischen Kaisers erblühen. Nachdem selbst der Tod durch den lieblichen Gesang der echten Nachtigall bezwungen war, ging man beruhigt von dannen. Der holden Kunst war''s zu verdanken. Peter Buske

Peter Buske

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