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Kultur: „SaxNight“

Über 1000 Besucher bei Klassik am Weberplatz

Stand:

Immer für eine Überraschung gut. Dieser Satz von Pfarrerin Sabine Müller-Becker, auf Orchesterleiter Knut Andreas bezogen, war das heimliche, nein, das offensichtliche Motto des Abends, der Klassik-Nacht am Weberplatz. Das begann schon mit dem Wetter, nach einer langen Zitterpartie hatte man entschieden, das Konzert in die Friedrichskirche zu verlegen, zum ersten Mal in fünf Jahren fand das Open Air nur per Public Viewing statt. Bis zu 600 Besucher, die nicht in die mit ebenfalls fast 600 Gästen übervolle Kirche gepasst hatten, hielten zeitweise draußen dem Wetter stand und verfolgten das Konzert auf einer Leinwand.

Das Orchester des Potsdamer Collegium Musicum mit den 75 Musikern war in der Kirche besser aufgehoben, auch wenn es dort so eng wurde, dass die Trompeter in den Holzlogen hinter dem Altar campierten und den vier Saxophonisten von Meier’s Clan gerade noch ein Fleckchen unter der Empore blieb. Zur „SaxNight“ holte Knut Andreas das einst als Standardbesetzung für Sinfonieorchester verschmähte Saxophon in sein Ensemble. Die vier Solisten Ralf Benschu, Matthias Wacker, Mark Wallbrecht und Sebastian Hillmann übernahmen zumeist Solostimmen und ersetzten oft tragende Gesangpartien, so beispielsweise in dem Gershwin-Medley „Porgy and Bess“. Oft gehört, oft gesummt, oft erinnert, tat es gut, die Musik in ihrer Ursprünglichkeit zu hören, in ihrer charmanten und doch überraschend undramatischen Geradlinigkeit – bis, ja bis immer wieder die kleinen Überraschungen dazwischenfunkten: Ein Banjo jaulte, „It Ain’t Necessarily so“, und es roch plötzlich alles nach drückender Hitze und Pferdekoppel.

Knut Andreas schafft , zeitgenössische oder junge Musik mit sinfonischen Werken und Klängen zu verbinden. Seine anspruchsvollen und liebevollen Arrangements überraschen dabei mit frischen Ideen, auch was die Orchesterbesetzung betrifft und das Hinzuziehen von Solisten. In diesem Jahr hat er seinem Ensemble Akkordeon, Gitarren, Harfe und jede Mange Schlagwerk zur Seite gestellt, vor allem, um die klangliche Vielfalt von Dmitri Schostakowitsch’ „Jazz Suite1“ und „Varieté Suite“ möglich zu machen. Respektlos vermischte er dabei sämtliche Sätze beider Werke, die der Russe in der 1930ern komponiert hatte, was ein buntes Gesamtwerk ergab, das ein Panorama der unschuldigen, goldenen Fünfziger evozierte: Sonntagsausflug im besten Kleid, zwischen Blumen und Schmetterlingen, und anschließend zur Nachmittagsvorstellung in den Zirkus. Großartig der dramaturgische Wechsel zwischen sattem Orchesterklang und frivolen, verspielten Einsprengseln der Solisten, wobei vor allem der absolut saubere Einsatz des Schlagwerk-Teams an Xylophon und Glockenspiel beeindruckte.

Benschus Kompositionen „Wolke 7“ als Intro sowie „Abspann“ zum Schluss waren als Rahmen gedacht – doch erst die eingeforderte Zugabe von „Englishman in New York“ erwies sich als beschwingter Rausschmiss nach fast zwei Stunden Musik. S. Pyanoe

S. Pyanoe

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