Von Babette Kaiserkern: Scharfe Schüsse, süße Küsse
Eine James Bond-Nacht im Nikolaisaal mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg
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Keiner kämpft so gut, und keiner küsst so süß wie James Bond. Und keiner ist auch so cool, so ironisch und so siegreich. Der Mann mit dem goldenen Colt, der Spion, der die Frauen liebt, wurde zum Superhelden des technischen Zeitalters. Mit 22 Original-Filmen, die seit 1962 produziert werden, ist die Saga um den Meisterspion 007 zugleich die älteste und erfolgreichste Filmreihe in der Filmgeschichte. Auch die Musik zum Film sollte stets etwas Besonderes sein. Für jede Produktion kamen nur die besten Komponisten und erfolgreichsten Solisten infrage. Bis heute gibt es immer wieder heftigen Wettstreit darum, wer den neuen Titelsong interpretieren darf. Beim neuen Bond-Film, der im November startet, lief die Kontroverse zwischen Alisha Keys und Amy Whinehouse.
Die vom Deutschen Filmorchester Babelsberg präsentierte Auswahl von James-Bond-Filmmusik zündete am Sonntag viele musikalische Feuerwerkskörper im sehr gut besuchten Nikolaisaal. Nicht nur auf den im Hintergrund eingespielten Filmtrailern loderten die Feuerbälle, auch die Musik entfachte ein sprühendes Feuerwerk aus Rhythmus und Klang.
Sängerin Angelika Weiz setzte mit fantastischer Souljazz-Stimme markante Akzente, Solo-Saxophonist René Decker spielte nicht minder mitreißend. Dietmar Wunder, die deutsche Stimme des aktuellen James Bond, moderierte locker und informativ bei diesem Konzert, das dem Filmorchester wie auf den Leib geschrieben war. Kein Wunder, dass dem Dirigenten Scott Lawton und den Musikern der Spaß anzusehen war. Die begeisterten Zuhörer zeigten ihrerseits, dass diese OO7-Hommage auf fruchtbaren Boden fiel.
Nicht bloß die Hauptdarsteller und die Regisseure wechselten im Lauf der Zeit, auch die Komponisten und der jeweilige Stil. Doch eines blieb immer gleich: in jedem Bond-Film erklingt zumindest einmal das James-Bond-Thema. Mit seinen Bläserfanfaren und schnellen Gitarren-Riffs avancierte es in der Fassung von John Barry schnell zum internationalen Markenzeichen des Geheimagenten im Dienst der britischen Königin. Bis 1989 behielt der englische Komponist die Federführung bei den Bond-Filmen. Mit dem von ihm stammenden Songs „Goldfinger“ und „Diamonds are forever“ begeisterte Angelika Weiz die Zuhörer so sehr, dass Dietmar Wunder viel Zustimmung bekam, als er das Publikum fragte: „Singt sie nicht so gut wie Shirley Bassey?“
Mächtig, kampfbetont, aggressiv treibend war die Bond-Musik oft, aber nicht nur und in unterschiedlichen Graden. Die Titelmusik von Thunderball kommt vergleichsweise entspannt im Cha-Cha-Rhythmus daher, der nur gelegentlich von scharfen Salven der Pauken und Bläser unterbrochen wird. Überhaupt hört man viele Tanz-Rhythmen, gerne mit lateinamerikanischen Anleihen. Die von Paul und Linda McCartney geschriebene Musik zu „Live and Let Die“ klingt allerdings pompös und funky zugleich – passend zu den groß angelegten Feuerbrünsten und Verfolgungsjagden zu Wasser und zu Lande sowie zu den afroamerikanischen Elementen des Films.
Nicht nur hier erklingt ein einsames Saxophon. James Bond, der Einzelgänger und Einzelkämpfer, der durchaus keine Kampfmaschine ist, – so erscheint er zumindest in den melancholischen Saxophonmelodien, die mehrere Bond-Filme begleiten und von René Decker wie verloren interpretiert wurden.
Während die Musik zu „Golden Eye“ von Bono und The Edge ziemlich konventionell wirkt, kreiert David Arnold, Komponist aller Bondfilme seit 1997, einen neuen Stil. Seine Scores klingen entspannt, einfallsreich und sehr musikalisch. Einzelne Instrumente kommen genauso zu Wort wie symphonische Klangflächen und, natürlich, traditionelle Leitmotive wie das Bondthema, Schüsse und Jagdmotive. Wie eine große Charakterzeichnung erscheint Arnolds Musik zum letzten Bond-Film „Casino Royale“. Auf das klassische Bond-Thema folgt ein träumerisches Intermezzo mit Flöte, Harfe, Streichern und Klavier, das plötzlich in Eruptionen von grellen Fanfaren und Paukenschläge ausbricht – ganz James Bond alias Mr. Kiss, Kiss, Bang, Bang.
Babette Kaiserkern
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