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Kultur: Schaurig-schön

Theater Krepsko aus Prag bei Unidram

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Es war einmal ein Mann, der hatte eine einzige große Leidenschaft. Er liebte kleine Frauen. Je kleiner sie waren, desto größer wurde seine Verliebtheit. Was wie der Anfang eines Märchens klingt, ist eine Erfindung des Theaters Krepsko. Das Stück „The Smallest Woman on Earth“, mit dem die vier Theatermacher aus Prag beim Unidram-Festival auftraten, steckt voll makabrer, absurder und poetischer Einfälle.

Eine Riesenfrau, die sich als „kleinste Frau der Welt“ bezeichnet, entpuppt sich als Drahtzieherin der skurrilen Geschichte. Auch sonst dominiert Linnea Happonen, eine der Gründerinnen des Miniaturtheaters, das Geschehen mit großen Gesten, maliziöser Mimik und mit ihrer Stimme. In einer Art Vorspiel verzehrt sie genüsslich eine Marionettenpuppe. Mit einem spitzen Triumphschrei legt sie ein Ei, Inhalt: „die kleinste Frau der Welt“. Das übergibt sie dem „Helden“, der es in seinem Kuriositätenkabinett der kleinen Knochen und Figürchen wie seinen Augapfel hütet und brütet.

Der „Held“ und die beiden anderen Spieler üben stumme, rein pantomimische Parts aus. Ein kleiner Blonder (Vojta veda) tritt als Assistent der Riesenfrau auf, die ihn auch mal wie einen Bären am Halsband mit dem Kommentar „Human Dressur“ vorführt. Außerdem sorgt er mit Spieluhr und Miniakkordeon für stimmungsvolle musikalische Untermalung. Das junge Mädchen (Anna Polívková) spielt die unglücklich verliebte Naive geflochtenen Ohrschnecken, Kleidchen und vielen Knicksen. Um ihrem Liebsten zu gefallen, legt sie selber Hand mit an und kürzt mal eben mit der Riesenschere ihre Beine. Doch ihre neue Gestalt kann den jungen Mann (Jiri Zeman), der völlig in seine Wunschtraumwelt versunken ist, nur kurze Zeit entzücken. Eigentlich ist sie immer noch viel zu lang für ihn.

Mit allerlei magischen Zaubereien, virtuos vorgeführten Jahrmarktsschwindeleien und Varietékunststückchen entsteht schließlich ein Miniatur-Püppchen, dass auf dem langen Mann herumklettert und ihn aus seiner Ohnmacht erweckt. Das Glück währt nur kurze Zeit, denn ein gruseliges Finale in Gestalt der Monsterfrau ist gewiss.

Viel Applaus für die leicht befremdliche Show des Theaters Krepsko und ihr schaurig-schönes Potpourri aus Märchenelementen, Pantomime und schwarzem Humor. Anders als im Märchen gibt es in dieser Geschichte keine Moral und erst Recht kein Happyend. Schade, eigentlich.Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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