Kultur: Scheinbar ernst
Princessin Hans spielten im Leander
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Pathos will zelebriert werden, das wissen auch die beiden Musiker Jörg Hochapfel und Hans Kellett vom Berliner Duo Princessin Hans – und pathetisch ist deren Musik allemal. Am Samstagabend spielten beide im „Leander“ in der Benkertstraße, und das nicht zum ersten Mal: Princessin Hans sind bereits Stammgäste in Potsdam, einmal im Jahr werden im Wohnzimmer des „Leander“ die Tische und Stühle beiseitegeschoben, um Platz für die Bühne zu machen.
Princessin Hans ist eine Rolle, die sich Sänger Kellett selbst auf den Leib geschrieben haben dürfte, eine Art Adaption eines paradiesvogelartigen Dornröschens. Dass die Neuinszenierung eines geschlechterbezogenen Bildes funktioniert, kennt man ja von Conchita Wurst – Princessin Hans nutzen im Prinzip dieselbe Methode: Hans Kellett singt mit Glitzerkette im schrillen Kleid, darüber ein Kimono, eine stattliche Erscheinung eines Mannes mit Bart und behaarten Oberarmen. Dass die Lieder mit einer geradezu bezaubernden Tiefe ausgestattet sind, mag da auf den ersten Blick gar nicht zum Erscheinungsbild passen. Natürlich spielt die Kunstfigur Princessin Hans mit Erwartungshaltungen, aber auf eine unaufdringliche Art ist die Ernsthaftigkeit nur scheinbar.
Das Konzert wird irgendwo zwischen Blues und Pop herrlich dadaistisch, ohne dilettantisch zu sein: Der Neuseeländer Kellet singt, begleitet vom E-Piano, etwa Rachelieder an Ausländerbehörden, während er auf der Bar sitzt und die Beine, die in klobigen Stiefeln stecken, baumeln lässt. Die Lieder besitzen eine Schönheit, die Texte pendeln unaufgeregt zwischen Pornografie und Pathos, das Code-Switching zwischen Englisch und Deutsch gehört genauso dazu. Und auch wenn das Potsdamer Publikum nicht immer die notwendige Aufmerksamkeit aufbringen konnte: Auf eine seltsame Art war es berührend, wie viel Zartheit sich in den Liedern verbarg. Oliver Dietrich
Oliver Dietrich
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