Kultur: Schlicht und kunstvoll
Männerquartett „colla voce“ zum Saisonfinale der „Sommermusik“-Reihe in der Friedenskirche
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Männerquartett „colla voce“ zum Saisonfinale der „Sommermusik“-Reihe in der Friedenskirche Dass die Mitglieder des Männerquartetts „colla voce“ über zweifellos ausgebildete und angenehm klingende Stimmen verfügen, steht hörbar außer Zweifel. Was auch kein Wunder ist, denn Martin Schlage (Tenor I), Christian Wiechel (Tenor II), Nico Brazda (Bariton) und Thomas Heiß (Bass) waren beziehungsweise sind Mitglieder des Potsdamer Vocalkreises, die sich – erfahren im A-cappella-Gesang – vor einigen Jahren zusammenschlossen und den Gruppennamen „colla voce“ gaben. Dieser ursprünglichen Partituranweisung „mit der Singstimme“, die nichts anderes bedeutet, als notengetreues Mitspielen der vokalen Stimmen durch jeweils ein oder mehrere Instrumente, wollen und können die Vier entsprechen. Dementsprechend setzen sie ihre Stimmen ein, beispielsweise wenn der Bass als Fundamentalstimme fungiert. Mit Stimme gaben sie beim saisonalen Finale der „Sommermusik“-Konzertreihe der Friedenskirche vielfältigste Klangberichte „Von Kater, Gott und Blumenpott“. Unter diesem Titel hatten sie zusammengesammelt, was sich zwischen Renaissance-Musik, Romantik, Gospel und Pophit der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts zum Thema finden ließ. Den Block der spirituellen Musik eröffneten sie mit dem Spiritual „Down in the valley“, gefolgt und kontrastiert von Johann Sebastian Bachs Weise „Wach auf mein Herz und singe“. Was es denn auch tat, indem es von der Hoffnung auf ein besseres Leben nach dem Tod kündete. Diese inhaltliche, vom Jenseits bestimmte Frömmigkeit fand sich auch im schlichten, ausgewogenen Vortragsstil von „colla voce“ wieder. In Maßen temperamentvoll – wie es Europäern stimmlich und gestalterisch eben möglich ist – erklang der Gospel „Roll Jordan roll“. Es wurde größtenteils sauber intoniert und präzise zusammengefügt, was die Mehrstimmigkeit erfordert. Kunstvoll Komponiertes ließen sie durchweg hinter schlichter Vortragsweise zurücktreten. Die irdischer Liebe huldigenden Canzonetten „Il mio martir“ und „Quando sperai“ von Claudio Monteverdi wussten ein Lied davon zu singen. Im Madrigal „Gira il nemico insidioso“ nahm es gar liebeskämpferische Züge an. Zwischen den Strophen trugen die Sänger die Übersetzung der Texte vor. Wie sie denn überhaupt mit sachdienlichen Hinweisen zu Stücken und Komponisten nicht sparten. Mithin erfuhr auch der des Englischen weit gehend Unkundige, worum es in John Dowlands Madrigal „Come again“ (Komm zurück) geht. Nico Brazda trug es sehr verinnerlicht und klangschön vor. Dabei wurde er von Christian Wiechel auf der Gitarre begleitet und erfuhr durch die anderen sogar chorische Unterstützung. Was von den Romantikern für Männerchorgesang komponiert wurde, wirkte durch den Vortrag eines Vokalquartett mangels entsprechenden Volumens ziemlich dünn und leichtgewichtig. Felix Mendelssohn Bartholdys „Wasserfahrt“ litt genauso darunter wie Brahmsens „Es steht ein Lind''“. Einzig mit Friedrich Silchers „Ännchen von Tharau“ konnte sich das Ohr anfreunden. Nicht dagegen, dass beim Sprung von der Renaissance in die Romantik stilistisch kaum Ross und Sattel gewechselt worden waren. Für den Galopp durch die amerikanisch-deutsche Unterhaltungsmusik der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts dagegen schon. In der fühlten sich die Sänger mit ihrem Lebensgefühl hör- und sichtbar wohl. Beispielsweise bei „She''s always a woman“ von Billy Joel, wo der Bariton-Vorsänger durch seine Boy Group witzige Background-Unterstützung erfuhr. Wenig Witz und Charme strahlten dagegen die Sparversionen von „Mein kleiner grüner Kaktus“ (Comedian Harmonists) und „Käti“ (Whiting/Bush) aus. Was hätte sich aus des letzteren Liedes Refrain „Wenn der Kater laut nach der Katze miaut“ mit mehr gestalterischem Einfallsreichtum nicht alles machen lassen können. Dem Beifall dankte „colla voce“ mit einer schnell gewährten Zugabe. Peter Buske
Peter Buske
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