Kultur: Schmidt gets the blues
East Blues Experience melden sich zurück
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Jäcki Reznicek war auch da. Er stand in einer der hinteren Reihen und beobachtete das Treiben auf der Bühne, hörte die Lieder, die mal seine waren. Sein Gesichtsausdruck verriet nicht viel. Doch manchmal war in seiner regungslosen Miene doch etwas Wehmut zu erkennen.
Sie sind wieder da. Mit einem neuen Album und einer Deutschlandtour haben sich East Blues Experience nach dreijähriger Pause zurück gemeldet. Am Freitag gaben die drei Musiker ihr Record Release Konzert im gut besuchten Lindenpark. Ein wunderbares Spektakel, wie es nur der Rockzirkus liefern kann.
Mit „Hit of the blues“ von ihrem neuen Album „V 10“ eröffneten East Blues Experience das Konzert. Und dieses kraftstrotzende Bluesrock-Biest war als klare Kampfansage zu verstehen. Lautstärke und ein stramm verzerrter Gitarrenton, damit war in den kommenden zwei Stunden zu rechnen. Dazu Soli-Orgien, die gestandene Männer im Publikum kreischen ließen, wie es auf Konzerten sonst nur eine hysterische Mädchenschar zu tun pflegt.
Aber so ist das mit Peter Schmidt, Sänger, Gitarrist und Kopf von East Blues Experience. Der Mann spielt Gitarre, dass einem vor Begeisterung die Haare zu Berge stehen. Und gleichzeitig erinnert er einen daran, dass man noch immer diesen Traum mit sich rumträgt, die sechs Saiten so traktieren zu können, dass selbst gestandene Männer vor Glück kreischen. Aber es blieb nur bei Versuchen. Egal, so lange es Musiker wie Peter Schmidt gibt und Alben wie „V 10“, zu denen man in unbeobachteten Momenten in den eigenen vier Wänden ganz grandios Luftgitarre spielen kann.
Für ihr Konzert im Lindenpark hatten sich East Blues Experience ein paar Überraschungen einfallen lassen. So begleiteten drei Tänzerinnen vom Ballett des Friedrichstadtpalasts einige Lieder mit atemraubenden Beinschwüngen, kam die Sängerin Hattie St.John mit auf die Bühne, die auch einige Texte für das neue Album geschrieben hat. Doch die beeindruckendsten Momente lieferten allein die drei Musiker. Das quirlige Rhythmusbündel Ronny Dehn am Schlagzeug, Bassist Rainer Engelmann und Peter Schmidt. Bei Liedern wie „V 10“ oder „Alright“ mit Schmidts gnadenlos einpeitschenden Slidespiel kamen einem fast schon die Freudentränen.
Vor drei Jahren hatte Peter Schmidt das Aus von East Blues Experience erklärt, weil er nach 15 Jahren zusammen mit dieser Band endlich etwas anderes machen musste. Mancher hat darin vielleicht nur die letzte Konsequenz gesehen, nach dem der langjährige Bassist Jäcki Reznicek East Blues Experience verlassen hatte. Für viele war das Dreiergestirn Schmidt, Dehn und Reznicek nicht zu übertreffen.
Doch diese drei Jahre Pause haben Wunder gewirkt. Mit dem Album „V 10“, das selbst schon die Aufmerksamkeit US-amerikanischer Bluesradiosender geweckt hat, haben Peter Schmidt, Ronny Dehn und Rainer Engelmann die nächsthöhere Stufe gezündet. In Sachen erdigen Bluesrock kommt man in Zukunft an East Blues Experience nicht mehr vorbei. Wahrscheinlich ein Grund, warum im Gesicht von Jäcki Reznicek an diesem Abend im Lindenpark Wehmut zu erkennen war.
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