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Kultur: Schmunzeltest ohne theologischen Tiefgang

Konzert von Gunter Kennel beim Caputher Orgelsommer

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Er wünsche dem Instrument, schrieb Landeskirchenmusikdirektor Gunter Kennel vor einem Jahr zur Weihe der Hüfken-Orgel in der Caputher Stülerkirche, dass sie nun für lange Zeit und in gutem Zustand vielen Menschen Kraft, Freude, Zuspruch und Trost spenden möge.

Beim inzwischen zum zweiten Mal veranstalteten „Caputher Orgelsommer“ setzte er sich am Sonntag auf die Orgelbank, um seinen Wünschen die klingende Tat folgen zu lassen. Das Programm böte keinen „theologischem Tiefgang“, wie er der zahlreich erschienenen Hörgemeinde verkündete, sondern „Orgelmusik zum Schmunzeln“. Barockes ist nicht darunter. Würden die Werke des 19./20. Jahrhunderts den öffentlichen Schmunzeltest bestehen?

Ranschmeißerisch gibt sich die Toccata von Georgi Muschel (1909-1989), mit der sich die bunt gemischte Nummernfolge eröffnet. In seiner drehleierischen Art erinnert manches an ein Perpetuum mobile. Diesem motorischen Drive folgt Mozarts F-Dur-„Andante für eine Walze in eine kleine Orgel“ KV 616, die der Organist mit gedackten, stark tremulierenden Diskantstimmen zurückhaltend registriert und als eine kammermusikalische Piece auffasst. Maßvoll schmunzelanregend zeigt sich Robert Schumanns fünfte, „nicht zu schnell“ zu tastatierende „Studie für den Pedalflügel“ mit ihrem betont akkordischen „Tropfen-Spiel. Dissonanzenreich, mit leicht „schrägem“ Charme kommen Gunter Kennels (geb. 1961) Variationen über „Geh aus mein Herz und suche Freud“ daher. Sie sind nach allen Regeln der Setzkunst wie der Verlängerung von Notenwerten über ostinater Bassfigur verfertigt, reich verziert, rhythmisch variabel und fantasiereich registriert. Den Schmunzeltest bestanden haben auch drei Stücke aus der klavieristischen „Kinderstube“ von Claude Debussy (1862-1918), die auch auf der Orgel ihren leicht ironischen Humor verbreiten: im Rhythmus des Cakewalk tanzt „ The Little Negro“ vorüber, mechanisch (wie die Puppe Olympia) hört sich der „Puppentanz“ an, vergnüglich das swingend-tanzmusiknahe „Le Piccadilly“. Den Gefilden der U-Musik scheinen „Je te veux“ von Erik Satie (1866-1925) und „Magnetic Rag“ von Scott Joplin (1868-1917) zu entstammen.

Den privaten Schmunzeltest nicht bestanden haben dagegen die B-Dur-Sonate op. 65 Nr. 4 von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) und die einem kantablem Gesang gleichende Aria op. 51 von Flor Peeters (1903-1986) – beides Stücke voll des ernsten bis besinnlichen Anspruchs. Weshalb sie dennoch Eingang in die Schmunzelmischung gefunden haben, bleibt uneinsichtig. Ritterliche und religiöse Züge hält Mendelssohns Sonate reichlich bereit. Das verlangt nach einem farbenreich disponierten Instrument. Gunter Kennel nutzt die diesbezüglichen Möglichkeiten, auch die jüngst eingebauten achtfüßigen Zungenregister von Trompete und Oboe. Während des Spiels hält er sich mit wechselnden Registrierungen auffallend zurück. So bleibt ein beschaulicher und besinnlicher Gesamteindruck zurück. Konzertante Pracht beschließt die Sonate. Als Zugabe wählt Gunter Kennel eine flötenstimmenverspielte Humoreske eines Italieners, die dem Konzertmotto entspricht und – nunmehr rausschmeißerisch – an den Beginn zurückführt.

Nächstes Caputher Orgelsommerkonzert: 23. Juli um 19 Uhr, Stülerkirche. Elisabeth Roloff (Jerusalem) spielt Werke von Alain, Mendelssohn, Mozart und Reger.

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