Kultur: Schöne Geste an das Publikum
„Solihull Chandos Choir“ aus Großbritannien gab Konzert in der St. Nikolaikirche
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Teils morbid, teils umrüstet, teils erneuert – so stellt sich die Nikolaikirche derzeit dem Betrachter in Potsdams noch ominöser Mitte dar. Die Gemeinde tut ihr Möglichstes, um die Sanierung von „Schinkels bedeutendstem Sakralbau“ voranzutreiben.
Am Donnerstag war der britische Chor „Solihull Chandos Choir“ mit einem recht belebenden Benefizkonzert zu Gast. Guter Besuch unter der gewaltigen Kuppel. Das etwa 40-köpfige Ensemble wurde auch mit Applaus begrüßt, allerdings erwies sich ein erneuter Ausfall der Lautsprecher-Anlage in dem zum „Nationalen Baudenkmal“ erhobenen Gotteshaus für Ausführende wie für die Hörer als sehr hinderlich.
Vieles, was der nun scheidende Chorleiter Michael Savage an Details und Schönheit in die Werke von Haydn, Mozart oder John Rutter hineinlegte, schluckte die unmögliche Akustik des Raumes einfach hinweg. So geriet das Benefiz gelegentlich zu einer Goodwill-Veranstaltung, und man fragte sich, warum der Veranstalter nicht auf geeignete Räume ausweicht, um für die eigene Sache zu werben. Das Programm hatte es ja in sich. Von David Bruce-Payne an Orgel oder Klavier begleitet, waren im ersten Teil Mozarts „Laudate Dominum“ und Mendelssohn-Bartholdys „Erhöre mein Gebet“ zu hören, wobei die fast durchweg sehr gemäßigten Tempi als Konzession an den Kirchbau verstanden werden konnten. Jubelnd Händels „Der König wird sich freuen“, etwas zu voluminös „Insanae et vanae curae“ von Haydn, „wahnsinnige und eitle Sorgen“ betreffend.
Eine Orgel-Intrada aus der Feder von David Bruce-Payne mit atonalen Maßen stand fast in der Mitte des Ablaufes, bevor der 1944 gegründete Chor das gab, was er sich gern auf seine Fahnen schreibt: neue Musik und junge Sänger zu fördern. Vielleicht ist die Sopranistin Catherine Mason aus solch einer guten Schule hervorgegangen. Ihrer Stimme fehlt nichts, was das Ohr erfreuen könnte. Transparenz, Klarheit, Schönheit und Ausdruck finden in dieser Sängerin ein wärmendes Heim. Sie trat in den Chor zurück, als Cäsar Francks so wundersam schönes „Panis Angelicus“ erklang, sie brachte ihre Solo-Partien bei Mendelssohn oder in John Rutters „Stiehl dich weg“ mit aller nur wünschenswerten Überzeugung herüber.
Der bescheiden wie selbstbewusst auftretende Solihull Chandos Choir überzeugte durch sichere Stimmführung (besonders in den Unisono-Passagen) bei Charles Villiers Stanfords Chören vom neuen Jerusalem sowie in den teils mehrstimmigen Stücken des 1945 geborenen John Rutter, wobei man hier eine leichte Hinwendung zum Sentimentalen herauszuhören glaubte, welche den beiden deutschen Volksliedern „Am Brunnen vor dem Tore“ und „Im schönsten Wiesengrunde“ überraschenderweise fehlte. Eine schöne Geste ans hiesige Publikum, für die man zu danken hat. Nach Rutters „Eine Segnung“ sang man als Zugabe das Brahms“sche „Guten Abend, gute Nacht“, gleichfalls in deutscher Sprache.
Das war aber noch nicht alles. Ante Portas überraschte die gastgebende Gemeinde ihre edlen Spender mit einem prachtvollen Buffett, welchem weder pikante Häppchen noch selbst gebackener Kuchen fehlte, weder Wein noch gute Säfte. Im Schein von Fackeln sprach man miteinander, man aß, und sang dann auch noch etwas weiter. Schöne Idee!
Gerold Paul
Heute Chorkonzert mit dem Wilhelmshavener Vocalensemble, 20 Uhr, in St.Nikolai
Gerold Paul
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