Kultur: Schräglage
King Rocko Schamoni mit Nonsens im Waschhaus
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Das Testwort ist „Sacknaht“, aber das schweinischste Wort, das Rocko Schamoni kennt, ist „Brüderle“. Freitagabend hat King Rocko Schamoni ihn live getestet: den „Porno-Beeper“. King Rocko Schamoni, die kichernde Metaphernschleuder aus Hamburg, der Blödelkönig und Zweideutigkeitsjongleur, kicherte sich am Freitagabend durch sein Programm im Waschhaus, und wer da nicht in Lachen ausbrach, hatte dort definitiv nichts zu suchen. Selten gelingt es einem Künstler, so viel geballten Blödsinn portionsgerecht zu verpacken – Helge Schneider gelingt das höchstens noch, aber der spielt auch in einer anderen Liga.
Mit dem „Porno-Beeper“, der jedes Mal auf Knopfdruck ein schmerzhaftes Zensurpiepen absondern sollte, durch sein gutmütiges Brummen die Passagen aber eher noch verstärkte, pushte Schamoni natürlich das Niveau nach unten: Warum aber auch nicht? Unter dem Deckmantel der nicht stattfindenden Zensur kann man eben richtig pubertierenden Quatsch von sich geben. Schamoni ist aber auch nicht peinlich, sondern zum Schreien – und er muss auch selbst permanent über seinen Blödsinn lachen. „Was geil ist, weiß man immer erst hinterher“, sagt er dazu trocken. Aber er kann es auch einfach: Er führt die Belanglosigkeit deutscher Schlagertexte ad absurdum („Wir brauchen eine Mauer im Kopf, eine Mauer der Liebe“) und liest aus seinen Kurzgeschichten, die so viel Schräglage aufweisen, dass sie ständig umzukippen drohen: vom norddeutschen Landwirt Benjamin Brockmann aus Eckernförde etwa und dessen Liebe zu einer Pariser Intellektuellen: „Europa mon amour“.
Zwischendurch gibt es mit Gitarrist Tex Matthias Strzoda immer wieder den „Rock-Block“, musikalische Nonsens-Einlagen. Dass dieser Part so oft vermollt wurde, war strategisch gar nicht mal unklug, immerhin konnte der zwerchfellerschütternde Effekt so ein wenig gedrückt werden. „Wir rutschen mit euch gemeinsam die Rutsche bis ganz runter“, umschrieb Schamoni den Niveauabsturz mit Hang zum Schlageresken. Irgendwann konnte man auch gar nicht mehr angesichts so viel Blödsinns im Schlageroutfit: „Wir wollen die Liebe mit Schaufelradbaggern in diese Stadt reinschaufeln“, kündigte er seinen Song „Dr. Love“ an.
Wie Rocko Schamoni es schafft, den Saal zum Schenkelklopfen zu animieren, ohne dabei doppelbödigen Humor präsentieren zu müssen, bleibt zwar sein Geheimnis. Aber vielleicht liegt es einfach an seiner Wortgewandtheit und seinem Hamburg-Bonus, wer weiß. Selten so gelacht! Oliver Dietrich
Oliver Dietrich
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