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Kultur: Schubert – wunderbar

Kammerakademie Potsdam im Schlosstheater

Stand:

Kammermusik hat ihre Tücken. Nicht selten entpuppt sie sich als Prüfstein für alle Beteiligten. Das reicht vom Sumpf, in dem man versinken kann, als Zuhörer ebenso wie als Musiker, bis hin, zum glänzenden Kosmos überwältigender seelischer Tiefe, kompositorischer Höchstleistung und interpretatorischer Meisterschaft. Herausforderung in jedem Falle, hochgestellte Erwartungen nicht minder. Und stets die Hoffnung, es möge ein inspirierendes Erlebnis sein, ein beglückender Moment musikalischer Begegnung. Nun, manchmal trifft alles dies zusammen, wie in der Schubertiade der Kammerakademie Potsdam am Sonntag im Schlosstheater, auf deren Programm Franz Schuberts Streichtrio B-Dur D 581 und das Oktett F-Dur D 803 standen.

War es als quasi „Vorgeschmack auf den Hochgenuss des Oktetts“ angekündigt, so erwies sich das B-Dur-Trio um vieles mehr als nur ein „Appetithäppchen“. Sicher, das Streichtrio ist generell eine Gattung kostbarer Kammermusik mit Seltenheitswert in den Konzertsälen. Leicht wird ihm ein Zwitterstatus verpasst, doch was diese harmonische Minimalbesetzung zu zaubern vermag, hat nicht nur Schubert in seinem durchaus an Mozart orientierten Werk, sondern haben auch Peter Rainer (Violine), Jenny Anschel (Viola) und Michael Sanderling (Violoncello) in dessen Interpretation eindrucksvoll bewiesen. Schuberts Traditionsverbundensein wie seiner Experimentierlust kamen die drei Musiker hundertprozentig nach. Wohlabgestimmt im Gesamtklang, klar und wandlungsreich in jeder einzelnen Stimme, kein unangemessenes Zuviel im interpretatorischen Wollen, dabei aber die leiseste Passage ebenso auskostend wie die dramatischen Ausbrüche. Gerade der zweite Satz in seinem Changieren zwischen süßer Lieblichkeit und geradezu schmerzlichen abrupten Stockungen, in seinem dunkel-dramatischen Mittelteil kam wie aus einem Guss, äußerst filigran und ohne jede Schwäche.

Für das fast abendfüllende F-Dur-Oktett gesellten sich dann Christiane Plath (Violine), Tobias Lampelzammer (Kontrabass), Matthias Simm (Klarinette), Christoph Knitt (Fagott) und Andreas Bohm (Horn). Die wehmütige Einleitung des ersten Satzes erzeugte sofort eine intensive Spannung und überraschte mit einem fast schon orchestralen Klang, der im weiteren Verlauf mit einer extremen Durchhörbarkeit verbunden blieb. Das Zwiegespräch der Bläser- und Streichergruppen basierte auf einem feinen Aufeinanderhören, einer hohen Sensibilität im Miteinander. Neben der ersten Violine dominiert in Schuberts Komposition die Klarinette, der Mattias Simm mit fein moduliertem, rundem, warmem Ton nuancenreich Ausdruck verlieh, nie zu viel forciert, ohne jede Schärfe in der Höhe und fein tragendem Piano. Schuberts Trachten, sich mit diesem Werk u.a. „den Weg zur großen Symphonie (zu) bahnen“, zeigt sich in fast jeder Passage – ob dies intensivste Spannungsbögen selbst in moderater Bewegung sind, kraftvoll-punktierte Akkordballungen, doppelbödige Ausgelassenheit, herzinnige Kantilenen oder das furiose Finale. Die Musiker hörten jeder verästelten kompositorischen Struktur hinterher, ohne sich in ihr zu verirren, gaben dem Werk eine blutvolle Lebendigkeit und zeichneten sich einmal mehr als versierte Kammermusiker aus. Christina Siegfried

Christina Siegfried D

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