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Kultur: Schuster bleib“ bei deinem Leisten

„Stunde der Musik“ mit dem Persius-Ensemble im Nikolaisaal

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„Stunde der Musik“ mit dem Persius-Ensemble im Nikolaisaal Man gebe dem Kaiser was des Kaisers ist, fordert die biblische Spruchweisheit. Dem Persius Ensemble sei sie nachdrücklich zur Beherzigung anempfohlen, was passende Repertoireauswahl betrifft. Diesbezüglich sind die neun Musiker bei der Saisoneröffnung für die Nikolaisaal-Reihe „Stunde der Musik“ nicht immer gut beraten. Vor ausverkauftem Auditorium stellen sie Werke in Nonettform vor, deren Ansprüche jedoch nach wie vor nach orchestraler Wiedergabe verlangen. Eklatantester Fehlgriff des Abends: die Ouvertüre zu „Ein Sommernachtstraum“ von Felix Mendelssohn Bartholdy im Arrangement für Nonett von Jolyon Brettingham Smith. Mühsam suchen je eine Violine und Bratsche wisperndes Elfengeflüster zu suggerieren, welches den stimmungsvollen Zauber dieses Stückes ausmacht. Es fällt schwer daran zu glauben. Was stattdessen die Ohren zu hören bekommen, lässt daran zweifeln. Schließlich ist die Originalinstrumentation zu filigran und zu feinsinnig und in des Musikfreundes Ohr fest gespeichert, so dass die Bearbeitung als klanglich kläglich eingestuft werden muss. Die Finessen des Originals, sein romantischer Charme gehen samt und sonders verloren. Musikalisch macht die Nonett-Fassung überhaupt keinen Sinn. Instrumentenkombinationen wie Flöte und Violine wirken einfach nicht schön. An manchen Stellen klingt''s gar wie Schrammelmusik einer Kurkapelle. Das dünnblütige Smith-Elaborat möge das Persius Ensemble schnell ad acta legen und das Original weiterhin den „richtigen“ Orchestern überlassen. Labsal dagegen ist die Symphonie für neun Instrumente op. 40 von Franz Moser (1880-1939), der als Mitglied der Wiener Philharmoniker (Kontrabass), Universitätslektor (Gesang) und Klavierdozent an der Musikakademie in der Donaumetropole wirkte und das Werk 1920 schrieb. Es klingt ein wenig nach Wagner und Liszt, nach Richard Strauss und Filmmusik. Hier stimmt plötzlich alles: jedem Instrument ist der richtige Part zugewiesen, die Seele kann baden und baumeln. Stets ist der überaus farbenreiche Gesamtklang für neun Instrumente im Hörblick des Komponisten wie des Gourmet. Die Bläser sind stark solistisch gefordert. Gemeinsam mit den Bläsern spinnen sie einen Klangkokon, in dem wohlig räkeln ist. Man genießt es. Und wie wird sich das Jan Böttchersche Nonett-Arrangement von Mozarts Bläserserenade c-Moll KV 388 „Nacht Musique“ in diesem Spannungsfeld behaupten können? Erstaunlich gut, weil auch hier die Stimmen ausgewogen verteilt sind, die Streicher sich gut ins bläserbestimmte Geschehen einpassen. Ausdrucksstark beschwören die Persiusianer die nachtdunklen Seiten menschlicher Leidenschaften. Es geht geheimnisvoll und draufgängerisch, dann wieder selbstbewusst und quirlig, tanzbodenselig und dramatisch zu. Der Beifall gerät nachhaltig. Für ihn bedanken sie sich mit dem „Sommernachtstraum“-Intermezzo. Dennoch: Schuster bleib'' bei deinem Leisten.Peter Buske

Peter Buske

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