Kultur: Schützte Gärten vor Aufmärschen und Abholzung
Erinnerung an Sanssoucis Gartendenkmalpfleger Rudolf Hörold, der sich selbst das Leben nahm
Stand:
Erinnerung an Sanssoucis Gartendenkmalpfleger Rudolf Hörold, der sich selbst das Leben nahm Am 2. Juli 1945 wurde der Generalgartendirektor Rudolf Hörold tot aufgefunden. Er hatte sich in der Baumschule Charlottenhof erhängt. Damit wählte nach Georg Potente und Paul Kache, die sich am 28. April bei der Einnahme Potsdams durch die russische Armee erschossen, auch der dritte bedeutende Potsdamer Gartendenkmalpfleger dieser Zeit den Freitod. Der Verein „Freunde des Bornstedter Friedhofs“ und die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten hatten am Sonnabend in die Bornstedter Kirche eingeladen, wo Gartenkustos Jörg Wacker nicht nur über Potente, sondern auch über dessen wenig bekannten Nachfolger sprach. Vor seinem Selbstmord war Rudolf Hörold von der sowjetischen Kommandantur in Sanssouci verhaftet worden, deren Chef Gardeoberleutnant J. F. Ludschuweit war. Dem Gartendirektor wurde vorgeworfen, nicht alle nach den Kampfhandlungen im Park verstreuten Waffen geborgen und abgegeben zu haben. Man darf vermuten, dass Hörold im Gerangel um die Neubesetzung der Leitungsposten in der Schlösserverwaltung einer Verleumdung zum Opfer fiel. Was er in den Tagen der Haft erlitt, kann nicht rekonstruiert werden. Der 63-Jährige zeigte sich dem Druck nicht gewachsen und ging nach seiner Entlassung in den Tod. Rudolf Hörold war 1882 in der anhaltinischen Kleinstadt Sandersleben als Sohn eines Obstplantagenbesitzers geboren worden. Er legte im berühmten Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin das Abitur ab und nahm im Schlossgarten Charlottenburg eine Lehre auf. Danach studierte er an der Friedrich-Wilhelm-Universität (Humboldt-Universität) und der Technischen Hochschule Charlottenburg. Von 1905 bis 1906 besuchte Hörold die Königliche Gärtner-Lehranstalt in Dahlem (zuvor in Potsdam-Wildpark) und erreichte den Abschluss als Gartentechniker. 1909 wurde er mit einer Arbeit über die amerikanischen Thibaudieen (Erikagewächse) promoviert. Wenige Tage vor dem Ende der Monarchie erhielt er 1918 durch Kaiser Wilhlem II. die Bestallung als königlicher Hofgärtner in Kassel-Wilhelmshöhe. Jörg Wacker stellte in seinem Vortrag klar, dass dem 1937 nach Berlin und Potsdam berufenen Mann, der in der Schlösserverwaltung eine einheitliche General-Gartendirektion aufbauen sollte, wesentlich die Erhaltung und Rettung der heutigen Weltkulturerbeparke zu verdanken ist. Obwohl Mitglied der NSDAP, wehrte er sich schon während seiner vorausgegangenen Tätigkeit in Kassel konsequent dagegen, dass die berühmten Gartenanlagen von Wilhemshöhe durch Aufmärsche und Geländeübungen paramilitärischer Verbände missbraucht und geschädigt wurden. In Potsdam versuchte er, das notwendige Pflegepersonal zu sichern, was mit Kriegsausbruch immer schwieriger wurde. Er schritt gegen Baumfällungen zur Holzgewinnung ein und verhinderte lange den Bau von Schützengräben in den Parken. Diese enge innere Verbundenheit mit den Gartendenkmalen hat seine Witwe mit den Worten charakterisiert: „Er hätte seinen Betrieb Sanssouci und seine Mitarbeiter nie in Stich gelassen.“ Nach dem Vortrag legte der heutige Gartendirektor Michael Rohde an den durch die Stiftung neu hergerichteten Grabstätten Hörolds und Potentes Kränze nieder. Pfarrer i.R. Gottfried Kunzendorf sprach ein Vaterunser. Für Georg Potente, dessen Enkel Harald an der Feier teilnahm, wurde 1973 auf dem Bornstedter Friedhof ein mit einer Gedenktafel versehenes Ehrengrab angelegt. Die sterblichen Überreste des bedeutenden Gartendenkmalpflegers waren 1945 mit denen weiterer 53 Selbstmörder im Mirbachwäldchen am Neuen Garten verscharrt und dann in ein Massengrab auf dem Neuen Friedhof übergeführt worden. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: