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Kultur: Schwelgen in Gefühlen

Staatsorchester mit Strauss und Mahler

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Liebesglut, Ekstase, Hingabe, Sehnsucht, neue Liebe, Verzicht und erneute Liebesglut: all diese Gefühlsaufwallungen sind kaum euphorischer in Klang verwandelt worden als durch Richard Strauss in seiner Komödie für Musik „Der Rosenkavalier“ aus dem Jahre 1911. Gegen Ende seines Lebens hat der Meister daraus eine Suite destilliert bzw. Teile neu hinzuerfunden – als ein durchweg nostalgischer Blick in die eigene Vergangenheit. Mit dieser raffiniert instrumentierten „Rosenkavalier“-Suite begannen Chefdirigent Howard Griffiths und das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt ihr umjubeltes 8. Sinfoniekonzert im ausverkauften Nikolaisaal. Es fuhr romantische Großgeschütze auf.

Dem stürmisch bewegten, dann sinnlich erblühenden Schäferstündchen der Marschallin mit Galan Octavian folgte die betörend musizierte Überreichung der silbernen Rose, der tiefe Seelenblick zwischen Octavian und Sophie, der polternde Auftritt des Ochs’, der gemütvolle Rosenkavalier-Walzer mit seinen opulenten Steigerungen In großer Besetzung wurde musiziert, was Howard Griffiths natürlich anspornte, alle Details hörbar werden und die Gefühle sich auf geradezu luxuriöse Weise aussingen zu lassen. Wie im melancholieanfälligen Terzett-Finale „Hab mir’s gelobt“ und dem mitreißend ausgespielten Liebeshymnus „Ist ein Traum, kann nicht wirklich sein“. Was sich kaum trefflicher von der Spielkultur des Orchesters berichten lässt: es walzerte elegant und derb im ¾-Takt, glänzte, erblühte, schimmerte, funkelte, schwelgte, kapriolte allenthalben

Dieser Eindruck setzte sich in Strauss’schen Orchesterliedern nach Brentano-Gedichten fort, in denen die Sopranistin Robin Johannsen mit viel Schmelz, natürlicher Diktion, glockenheller, warm getönter Stimme brillieren konnte. Ungehemmt gab sie sich dem Melodienstrom bei„Ich wollt ein Sträußlein binden“, „Säusle, liebe Myrte“ und „Amor“: Das letztere Lied erwies sich als eine koloraturengespickte und trillervirtuose Köstlichkeit.

Mit Schmelz und leuchtendem Glanz ihrer lyrischen Stimme bekrönte sie abschließend die packende Wiedergabe der 4. Sinfonie G-Dur von Gustav Mahler, als sie das finale Sopransolo „Wir genießen die himmlischen Freuden“ anstimmte. Die Ohren der Zuhörer genossen mit, denn Robin Johannsen fand für die Lobpreisungen des Paradieses den erforderlichen kindlich-naiven Tonfall. Sie sang mit viel Leuchten auf den Stimmbändern und im Herzen. In den Zwischenspielen der einzelnen Strophen lärmte es zu Schellengeläut gar mächtig. Wie auch zuvor schon, denn die Musiker liebten die dynamischen Kontraste zwischen Ländleridylle und Derbheit, zwischen Behäbigem und Leichtfüßigem.

Kurzum: sie trafen die Mischung aus Trivialem und Erhabenem vorzüglich. Was an des Dirigenten sicherem Gespür für die Architektur und Struktur des Werkes lag, an seinem handwerklichen Geschick für spannende Übergänge. Zu kraftvollem Streicherglanz gesellten sich ausgefeilteste bläserische Details, begeisterten gestalterische Tiefe und klangliche Transparenz. In einem mehrfachen Pianissimo klang die Sinfonie geradezu atemanhaltend aus.Peter Buske

Peter BuskeD

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