Kultur: Schwieriger Tanz
Klaus Büstrin
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Klaus Büstrin Mehrmals schon sollte das Hans Otto Theater ein neues Haus erhalten. aber immer wieder wurde ein Neubau verschoben, kurz nach der Wende der Rohbau des Theaters sogar abgerissen, weil dieser „am falschen Platz“ stand. Am 22. September 2006 ist es endlich soweit: am Havelufer in der Schiffbauergasse wird sich der Vorhang im neuen Haus öffnen. In unserer Serie wollen wir uns an die vergangenen Jahrzehnte des Potsdamer Theaters erinnern, an Künstler auf der Bühne, dahinter und davor, an Schauspiel- und Musiktheaterereignisse, an interessante Episoden aus dem Theaterleben Potsdams. HEUTE: das Ballettensemble Irgendwann, Ende der sechziger oder Anfang der siebziger Jahre, teilte auf einer Besucherkonferenz des Hans Otto Theaters der damalige Oberspielleiter des Musiktheaters, Peter Brähmig, dem staunenden Publikum mit, dass das Ballettensemble des Potsdamer Theaters aufgelöst werde. „Besser kein Ballett als ein schlechtes“, so seine Antwort auf besorgte Fragen, die von Zuschauern kamen. Somit wurde bereits schon lange vor der Wende eine Sparte des Theaters geschlossen. Mehr schlecht als recht mussten Choristen oder auch Laientänzer die Balletteinlagen, vor allem in Operetten, übernehmen. Oft kam es aber vor, dass man sie einfach weg ließ und andere inszenatorische Lösungen bevorzugte. Die Leitung des Theaters hat damals das Ballettensemble wohl kaum gefördert. Und sicherlich war auch guter Nachwuchs sehr rar. Jeder Absolvent der Ballettschulen in der DDR, der einigermaßen ein überdurchnittliches Leistungsvermögen vorzeigte, wurde sofort an die großen Opernhäuser verpflichtet. Am Potsdamer Hans Otto Theater erlebte man aber in den sechziger Jahren dennoch hervorragendes Tanztheater. Diese Zeit war mit dem Namen Hermann Rudolph verbunden, der spätere Chef der Karl-Marx-Städter Ballettcompagny. Er machte sich mit seinen Choreographien auch international einen Namen. In Potsdam denkt man an seine Arbeit „Die steinerne Blume“ nach der Musik von Sergej Prokofjew besonders gern zurück. Das Ballettensemble und seine Solisten Irmgard Gruber, Maria Sierakowski, Helmut Schindler oder Christian Blumenschein konnten über die Stadtgrenzen hinaus mit dieser tänzerisch ausdrucksstarken Inszenierung sehr für sich einnehmen. Doch Rudolph baute auf eine gute Tradition auf. Vor ihm wirkte Gertrude Baum-Gründig, dann Inka Unverzagt, die noch lange, nach dem es keine Compagny mehr gab, choreographisch in Musiktheaterinszenierungen tätig war. Nach Hermann Rudoph übernahm Anneliese Grebing die Leitung des immer kleiner werdenden Ensembles. In dem Balletteinakter „Der Dreispitz“ musste sie sogar wendige Chorsänger mit Solorollen besetzen. Die männlichen Tänzer waren nämlich knapp. Und danach konnte man nur noch sagen: Besser kein Ballett als ein schlechtes.
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