Das Filmmuseum zeigt Dokus zur Shoah: Sich erinnern – für die Zukunft
Gerade die Gegenwart zeigt manchmal, warum es so wichtig ist, nichts zu vergessen. Dieses Jahr jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 70.
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Gerade die Gegenwart zeigt manchmal, warum es so wichtig ist, nichts zu vergessen. Dieses Jahr jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 70. Mal. Um an die Opfer der Nationalsozialisten zu erinnern, zeigt das Filmmuseum Potsdam vom 3. bis 8. November drei Dokumentarfilme und einen Kurzfilm, die aus unterschiedlichen Perspektiven vom Leben unter dem NS-Regime erzählen. Die Reihe ist Teil des vom „Arsenal“-Instituts für Film- und Videokunst initiierten Projekts „Asynchron – Dokumentar- und Experimentalfilme zum Holocaust“. Aus seiner Sammlung stellte das Arsenal 46 Filme zur Verfügung, von denen zehn sogar digitalisiert werden konnten. Das ist wichtig, um auch kommenden Generationen einen Zugang zur deutschen Vergangenheit zu ermöglichen. „Die meisten dieser Filme existieren nur auf 35 oder 16 Millimeter“, sagt Birgit Acar, die das Programm für das Filmmuseum Potsdam zusammengestellt hat. Viele der kommunalen Kinos können dieses Material aber gar nicht mehr abspielen.
Das Filmmuseum Potsdam kann. Und zeigt am 6. November die 16 Millimeter- Dokumentation „Ein Brief ohne Worte“ aus dem Jahr 1998. Darin nutzt die Regisseurin Lisa Lewenz einzigartiges Bildmaterial ihrer 1954 verstorbenen Großmutter. Und das dokumentiert das Leben ihrer Familie vom ersten Weltkrieg bis kurz vor Beginn des zweiten Weltkriegs. Eigentlich fast eine kleine Sensation – denn privates Filmen war ab 1933 verboten. Lewenz unterlegt die Aufnahmen mit Tagebucheinträgen der Großmutter und lässt ihre Familie über das Geschehene sprechen. Neben prominenten Gesichtern wie Albert Einstein und Walter Gropius lässt der Film etwas Potsdamer Vergangenheit sehen – einer Zeit, in der die Garnisonskirche noch stand und das Stadtschloss – ganz ohne Magritte – noch Schloss war. Vorab wird der 18-minütige Kurzfilm „Dachbodenstimmen“ gezeigt. Darin erfährt die nach Kanada ausgewanderte Protagonistin vom Schicksal ihrer Schwester, die mit zwölf Jahren im Lager Theresienstadt umkam und bis dahin eine von Kindern gestaltete gleichnamige Zeitschrift herausgebracht hatte.
„Der 81. Schlag“ aus dem Jahr 1975 verbindet historisches Filmmaterial jüdischen Alltags vor und nach 1933 mit Zeugenaussagen von Überlebenden aus dem Eichmann-Prozess. Die Dokumentation knüpft so eine persönliche Beziehung zu den Gräueln des Nationalsozialismus.
„Stimmen aus dem Wald“ von Limor Pinhasov und Yaron Kaftori bezeugt, dass die Tötungen an den Juden durchaus öffentlich – und damit für viele sichtbar – stattfanden. Er nutzt Originalaufnahmen eines Einwohners des litauischen Dorfes Ponar, das von 1941 bis 1944 von den Deutschen besetzt war. Dort wurden in einem Waldstück mehr als 100 000 Menschen ermordet – die meisten von ihnen baltische Juden. Die Aufnahmen dokumentieren – ebenso wie die Tagebucheinträge des Mannes –, wie die Bewohner des Dorfes die Massaker nicht nur tatenlos hinnahmen, sondern sich sogar teilweise an den Habseligkeiten der Ermordeten bereicherten.
„Mir war es wichtig, diese drei Bereiche abzudecken – der deutsche und der jüdische Alltag vor und nach der Machtübernahme und die Verantwortung und Mitschuld der Bevölkerung“, sagt Birgit Acar. Das Thema bleibt aktuell. Gerade jetzt, wo Flüchtlinge Grenzen und besorgte Bürger Plätze erstürmen, ist es wichtig, weiterhin die deutsche Geschichte zu reflektieren. Theresa Dagge
„Asynchron“ läuft im Filmmuseum vom 3. bis 8. November: „Ein Brief ohne Worte“ läuft am 6., „Der 81. Schlag“ am 7. und „Stimmen aus dem Wald“ am 5. und 8. November.
Theresa Dagge
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