
© Suste Bonnen/promo
ZUR PERSON: „Sie ist sehr nah am Körper“
Ich sage, sie sollen nicht daran denken, dass sie nur für eine Blockflöte schreiben.“ Michala Petri über die Möglichkeiten der Blockflöte – Am morgigen Sonntag spielt sie im Nikolaisaal Man hört sofort, was direkt vom Zwerchfell, durch den Atem kommt.“
Stand:
Frau Petri, die Blockflöte wird gern unterschätzt. Ein schlichtes Instrument, das schnell mit dem ersten Musikunterricht von Kindern in Verbindung gebracht wird. Mit ihr beginnen viele ihre musikalische Ausbildung, um sich aber dann schon bald anderen, interessanteren Instrumenten zuzuwenden. Warum haben Sie ausgerechnet die Blockflöte zu Ihrem Hauptinstrument gemacht?
Es kam nie irgendwie etwas anderes infrage. Ich glaube, ich war auch zu faul, um zu wechseln. Mit drei Jahren haben ich schon angefangen auf diesem Instrument. Und das hat einfach bewirkt, dass ich mich schon bald so vertraut mit der Blockflöte gefühlt habe, dass andere Instrumente für mich einfach nicht so interessant wurden.
Diese Vertrautheit muss schon früh zu einem wirklichen Können auf diesem Instrument geführt haben. Denn Sie haben sehr früh mit dem Studium der Blockflöte begonnen.
Ja, mit elf Jahren in Hannover. Da war ich dann mit viel älteren Studenten zusammen. Und dann war ich auch schon auf dem Weg.
Und immer nur die Blockflöte?
Nein, ich habe auch einige Jahre Querflöte gespielt. Aber die Blockflöte sprach mich immer mehr an.
Was ist das Besondere an diesem Instrument, das Sie immer mehr ansprach?
Es gefällt mir, dass es ein einfaches und natürliches Instrument ist. Ich mag die Herausforderung, die es immer wieder an mich stellt. Es hat keine Mechaniken, wie beispielsweise die Querflöte und viele andere Instrumente. Und die Blockflöte ist sehr, sehr nah an der Intention, dem Ausdruck des Spielers.
Sie ist direkter?
Ja, auf allen anderen Blasinstrumenten findet sich ein Rohr oder Ähnliches, mit denen man die Luft formen kann. Im Grunde ist das eine Barriere zwischen dem Musiker und den Tönen, die aus dem Instrument herauskommen. Bei der Blockflöte hört man sofort, was direkt vom Zwerchfell durch den Atem kommt. Das kann man nicht regulieren. Darum ist die Blockflöte wirklich sehr nah am Körper des jeweiligen Spielers.
Aber letztendlich ist dieses Instrument doch auch sehr begrenzt.
Das kommt darauf an, was man auf der Blockflöte ausdrücken will. Vor allem war sie ja ein Barockinstrument, wo nicht so ein großer Ausdruck gefordert war. Hier wurde mit vielen Tönen gearbeitet, Effekte auf andere Weise erzielt und die Flöte nicht in so großen Räumen gespielt, wie wir das von den heutigen Konzertsälen kennen. Schwierig wird es mit der Blockflöte aber immer erst dann, wenn man versucht, auf ihr das auszudrücken, was man heute mit anderen, modernen Instrumenten erreicht.
Aber Sie haben doch zahlreiche Transkriptionen von Kompositionen eingespielt, die ursprünglich für ein anderes Instrument geschrieben wurden?
Ja, aber nicht, weil ich das Gleiche machen will wie ein Musiker auf dem ursprünglichen Instrument. Mich interessieren diese Stücke, weil ich sie sehr schön finde. Gleichzeitig ist es auch ein Versuch, das Repertoire für die Blockflöte zu erweitern. Und ich glaube, das ist mir auch in vielfältiger Weise gelungen.
Erklärt dieser Wunsch, das Repertoire ständig zu erweitern, auch ihre intensive Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Komponisten?
Unter anderem. In Potsdam spiele ich neben Mozart und Vivaldi auch ein Stück von Artem Vassiliev, einem russischen Komponisten. Ich mag diese Komposition sehr gern. Sie ist sehr emotional und ich hoffe, es gelingt mir, dass sie auch die Zuhörer entsprechend tief und ganz direkt berührt.
Ist es eigentlich schwierig, zeitgenössische Komponisten davon zu überzeugen, für die Blockflöte zu komponieren?
Das nicht. Manche Komponisten kennen die Blockflöte schon. Aber so war das nicht immer, das hat sich erst in den vergangenen zehn Jahren so entwickelt. Wenn ich mich mit einem Komponisten einige, versuche ich ihn zu treffen oder wir schreiben einander. Dann erkläre ich, was mit diesem Instrument möglich, was dafür charakteristisch ist. Oft schicke ich auch Aufnahmen von mir, damit sie sich ein Bild vom Klang und meiner Spielweise machen können.
Dieser persönliche Kontakt, der ist Ihnen also sehr wichtig?
Ich weiß nicht, ob er sehr wichtig ist. Aber er ist praktisch. Ich sage dann, dass sie nicht daran denken sollen, dass sie nur für eine Blockflöte schreiben und das es leicht sein soll. Es ist viel einfacher für mich, wenn etwas zu schwierig ist. Dann kann ich es einfach sagen und es kann geändert werden.
Aber Schwierigkeiten sind doch für Sie bestimmt auch entsprechende Herausforderungen?
In erster Linie gebe ich den Komponisten freie Hand, damit sie sich nicht eingeschränkt fühlen. Würden sie glauben, es muss vor allem einfach sein, weil das Instrument nicht mehr hergibt, würde ich ja nie erfahren, was sie sonst vielleicht geschrieben hätten. Oft habe ich erlebt, wenn ich eine solche Komposition zum ersten Mal angeschaut habe, dass ich zuerst dachte, es sei unmöglich, das zu spielen. Dann habe ich es aber versucht, es auf unterschiedliche Art und Weise gespielt. Dabei habe ich sehr viel gelernt, neue Möglichkeiten auf der Blockflöte entdeckt und gleichzeitig das Repertoire erweitert. Weil ich jetzt doch etwas machen konnte, von dem ich vorher glaubte, es sei gar nicht möglich.
Das Gespräch führte Dirk Becker
Michala Petri ist zusammen mit der Kammerakademie Potsdam unter der Leitung von Matilda Hofman am morgigen Sonntag, dem 19. Februar, um 20 Uhr im Nikolaisaal in der Wilhelm-Staab-Straße 10/11 zu erleben. Karten zum Preis von 8 bis 30 Euro in der Ticket Galerie des Nikolaisaals oder unter Tel.: (0331) 28 888 28
Michala Petri, 1958 in Kopenhagen geboren, ist Blockflötistin, die sowohl in der Historischen Aufführungspraxis, im romantischen und zeitgenössischen Repertoire als auch in Crossover-Projekten
aktiv ist.
Im Alter von elf Jahren begann Michala Petri 1969 ihr Studium an der Musikhochschule Hannover bei Ferdinand Conradi, das sie 1975 abschloss. Im Anschluss begann sie mit ihrem ersten Konzert bei der BBC ihre internationale Karriere.
Michala Petri hat unter anderem mit dem Pianisten Keith Jarrett für Einspielung von Bach- und Händelsonaten zusammengearbeitet.
Michala Petri lebt in Kopenhagen. kip
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: