Kultur: Sieht sich als einer unter den anderen Künfiger Intendant setzt auf Ensemblearbeit
Potsdams künftiger Intendant Tobias Wellemeyer präsentierte sich gestern nach seiner Vertragsunterzeichnung beim Oberbürgermeister in einer gewinnend zurückhaltenden, aber doch lebendigen Art: „Jetzt werden wir vor allem zuhören, beobachten und nicht ganz so viel wissen“, hielt er sich mit neuen Gedankenmodellen für seine Wirkungsstätte ab 1. August 2009 noch bescheiden zurück.
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Potsdams künftiger Intendant Tobias Wellemeyer präsentierte sich gestern nach seiner Vertragsunterzeichnung beim Oberbürgermeister in einer gewinnend zurückhaltenden, aber doch lebendigen Art: „Jetzt werden wir vor allem zuhören, beobachten und nicht ganz so viel wissen“, hielt er sich mit neuen Gedankenmodellen für seine Wirkungsstätte ab 1. August 2009 noch bescheiden zurück. Doch erste Ideen gibt es durchaus: das Kinder- und Jugendtheater soll unter seiner Ägide nicht mehr separat wirken, sondern sich aus der Mitte des Hauses heraus entwickeln. Auch mit ersten Personalien wartete er auf: Die Regisseurin Anette Pullen, die u. a. am Thalia-Theater Hamburg arbeitet, möchte er gern für Potsdam gewinnen. „Eine junge hellsichtige Frau mit gedankenmusikalischer Leichtigkeit. Für mich vielleicht mit etwas viel Pop, doch junge Leute können gut mit ihrer Sprache umgehen.“ Als seinen zweiten Regie-Gefährten nannte er Lukas Langhoff: „sozialisiert an der Berliner Volksbühne“, der für ein zugespitztes, konfrontatives politisches Theater stehe. „Er interessiert sich sehr fürs Recherchetheater, geht unmittelbar in die Lebenswirklichkeit hinein und hat die Gabe, die Menschen zum Sprechen zu bringen.“ Derzeit verfolgt Langhoff in Magdeburg ein Projekt, zu dem er sich in ein Ausländerwohnheim und auf einen Dauer-Campingplatz begibt. Das sich daraus entwickelnde Stück soll dann vor Ort zur Aufführung gelangen. Ähnliches schwebt Wellemeyer für Potsdam vor.
Musik und Musiktheater gehören für den gebürtigen Dresdner, Jahrgang 1961, unbedingt zu Potsdam, „natürlich nach den Möglichkeiten des Etats“, der wie unter Uwe Eric Laufenberg 10, 5 Millionen Euro beträgt. Er werde für die Winteroper nach Kooperationen schauen, sich dazu auch mit der Kammerakademie verständigen. Werke von Händel, Vivaldi oder Gluck schweben ihm für das Schlosstheater vor. „Ich scheue mich aber auch nicht für das große Haus vor populären, zugänglichen Formen wie Musicals – beispielsweise ,Fame“ – das von einem jungen Ensemble aufgeführt werden könnte.“
Er selbst werde zwei Mal im Jahr Regie führen, wisse aber noch keine Titel. Er habe auch in Magdeburg nicht seine Position ausgenutzt und gesagt: „Ich bin der große Musiktheaterregisseur. Ich kann keine Partitur lesen, inszeniere aus dem Bauch. Aber natürlich finde ich Musiktheater toll.“ Ansonsten sehe er sich als einer unter sehr verschiedenen Leuten. „Wir kämpfen darum, dass Bessere als wir selbst zu uns kommen. Ich werde mich nicht mit einem Ausrufezeichen versehen“, betont Tobias Wellemeyer an der Seite von Chefdramaturgin Ute Scharfenberg, seiner „klugen und klaren Begleiterin auch für Potsdam.“
In den vergangenen Wochen sei er oft in Potsdam gewesen, allein und auch mit Frau und Tochter. „Ich bin ganz verliebt in die Bewegung der Stadt, in ihre tolle Ausstrahlung und den starken Kontrasten.“ Und auch das rote Segelschiff, wie er das neue Theater nennt, habe es ihm angetan. „Am meisten beeindruckt mich aber das Konzept Schiffbauergasse, das zum Glück noch nicht ganz ausdefiniert ist und uns auch noch eine Baustelle lässt.“
Wellemeyer betonte, dass er ganz auf Ensemblearbeit setze. Etwa 25-köpfig stellt er sich das Team vor, ähnlich wie jetzt unter Laufenberg. „Ich bin dafür, dass sehr verschiedene biografische Hintergründe zusammengeführt werden, und es müssen nicht alle wie 19 aussehen.“ Stars sollen sich aus dem Ensemble heraus entwickeln, was nicht heiße, dass nicht auch interessante Persönlichkeiten als Gäste besondere Aufgaben übernehmen. Er werde sich jetzt genau die Arbeit in Potsdam anschauen, um das Ensemble noch besser kennenzulernen. Sein künftiges Team komme sicher aus Magdeburg, Potsdam und anderswo. Mehr wollte er zu Personalien nicht sagen. Wellemeyer sieht Potsdam keinesfalls als Abstieg. „Die Generalintendanz in Magdeburg verlangte sehr viel Administration.“ Nun hofft er durch seine neue Liebe Potsdam auf einen neuen Energieschub. „Ich kann mich verstärkt auf das Schauspiel focussieren, wo ich auch herkomme.“ H. Jäger
H. Jäger
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