Kultur: Sinfonien mit theatralischem Gespür Orgelkonzert mit Josef Miltschitzky
„Unter allen musicalischen Instrumenten behält die Orgel den Vorzug“, weiß Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexikon von 1732 bis 1754 zu vermelden. „Weil es seinen Klang, nach Vielheit der Register, nicht nur verändern, starck und leis gezogen werden kan, sondern auch bey einer starck übersetzten Musik, wo jene zu schwach sind, deren Mangel ersetzet.
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„Unter allen musicalischen Instrumenten behält die Orgel den Vorzug“, weiß Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexikon von 1732 bis 1754 zu vermelden. „Weil es seinen Klang, nach Vielheit der Register, nicht nur verändern, starck und leis gezogen werden kan, sondern auch bey einer starck übersetzten Musik, wo jene zu schwach sind, deren Mangel ersetzet.“ Und Hector Berlioz behauptet bündig, die Orgel sei „ein für sich selbst bestehendes, unabhängiges und vollständiges Orchester“. Vorausgesetzt, man hat dafür die geeigneten Instrumente. Französische Orgelbauer lieferten sie, Komponisten von Cesar Franck bis Charles Widor schufen die passenden Noten dafür. Vive la France. Einen Hauch davon strahlt das Orgelsommer-Konzert mit dem Dekanatskirchenmusiker Josef Miltschitzky aus Ottobeuren aus, der an der Woehl-Orgel der Friedenskirche mit ausschließlich romantischer Orgelmusik französischer Komponisten aufwartet. Dabei werden von ihm die Zungenstimmenregister fleißig gezogen. Geradezu einer Manie gleicht es, an allen nur erdenklichen Stellen die Klänge an- und abschwellen zu lassen – egal ob es dem Notentext passt oder nicht. Besonders ohrenfällig zu erleben in der Orgelsymphonie D-Dur op. 13 Nr. 2 von Charles-Marie Widor (1844-1937). Für die Absicht des Schöpfers dieser Form, ein großes sinfonisches Orchester gleichsam auf die Orgel zu übertragen, gilt sie als ein Paradebeispiel. Und die Empore der Friedenskirche weitet sich tatsächlich zur Hörbühne, als Josef Miltschitzky den (Sinfonie-)Roman mit mancherlei theatralischem Gespür vorträgt. Er liebt den weichen, leicht verschwimmenden Klang, die Gefühlsmalerei, die weiche Artikulation, den (immer wieder strapazierten) Echoeffekt, das Schwellen und Tremulieren. Liedhaft erklingt der Pastoralabschnitt, dem gedackte, schalmeienartige Stimmen liebliche Empfindungen schenken. Besinnlich geht es im Andante zu, wo in der Diskantlage die Mixtur für „jwh“-Stimmungen sorgt, für Stimmungen von janz weit her. Sie ruhen auf kräftigem Pedalfundament. Dessen achtfüßiges Trompetenregister verleiht dem „Salve Regina“ festlichen Glanz und Größe. Doch bereits zu Beginn des Konzerts ist dem „Orgelorchester“ aufgetragen, all das klangfarbenreich erklingen zu lassen, was das Gemüt zu ergötzen versteht. Willig lässt es sich vom Organisten dazu „verführen“, der sich in Cesar Francks (1822-1890) wahrlich großem sinfonischen Stück „Grand piece symphonique“ op. 17 als ein versierter Gefühlsgestalter erweist. Zunächst wechseln tiefe mit hohen Lagen, sorgen melodische Floskeln für mancherlei Abwechslungen, ehe es mit der motivischen Verarbeitung so richtig losgeht. Da wird kräftig zugelangt, später sanftstimmig sinniert, kantabel gesungen und ätherisch tremuliert. Aus Dunklen in gleisnerische Helle tretend, sorgt das volle Orgelwerk schließlich für Glanz und finale Klangwonnen. Kontrastierend dazu steht die „Communion“ (Das Abendmahl) aus „Deus petites Pieces pour Orgue“ von Leon Boellmann (1862-1897), ein versonnenes und gefühlsinniges Stück, das Miltschitzky sehr sinnig phrasiert. Mitunter scheint es, als imitiere er Geigenschwebungen. Und auch seine Artikulationskünste, denen man die intensive musikwissenschaftliche Beschäftigung anmerkt, können sich hören lassen. Peter Buske Nächstes Orgelkonzert am 10. 8., 19.30 Uhr, Erlöserkirche mit Ulrich Lamberti.
Peter Buske
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