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Kultur: Sing, schwedischer Saufbruder!

Achim Maas sang Trinklieder von Carl Michael Bellmann auf dem Pfingstberg

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Der Wind schickt eine leichte Brise unter das blauweiß gestreifte Sonnendach, das Auge erfrischt sich an dem pastoralen Ausblick auf grüne Wiesen und entfernte Dächer in der Nachmittagssonne. Auf Höhe der Baumwipfel sitzen, wie in einem Nest eng nebeneinander, um die vierzig Wochenendlustwandler und lauschen einem komischen Vogel, der trotz der warmen Temperatur in voller schwarzer Montur hinter einem hölzernen Notenständer sitzt.

Weiße Rüschen hat er sich unter das Kinn gebunden, auf dem Kopf wachsen sie ihm natürlich und an den langen Ärmeln trägt er Goldbrokat. Auf seinem Schoß liegt seine Begleiterin, eine Gitarre. Der Babelsberger Barde Achim Maas sang am Samstag Lieder von Carl Michael Bellmann auf der Terrasse des Pomonatempels auf dem Pfingstberg.

Die Gäste des kleinen Baumhaus-Konzertsaals lassen sich mitreißen von den frivol fröhlichen Weisen des 1795 bereits verstorbenen schwedischen Liedermachers, der nichts besser kannte als das Saufen und die Frauen. In ebendieser Reihenfolge. Bellmann ist nur Wenigen bekannt in Deutschland, in Schweden wird er als Nationaldichter von Shakespeare-Kaliber verehrt. Seine Texte beschreiben lustvolle Alltagssituationen, meistens in Wirtshäusern. „Mit dem Wein wird nicht gespart, jeder trinkt auf seine Art“, schrieb er einst. Zeilen wie diese machten schon König Gustav III. zum Gönner Michael Bellmanns und erfreuen auch an diesem Samstag die Potsdamer Zuhörer. Auf dem Pfingstberg wird fröhlich mitgeträllert. Schunkeln auf höchstem Niveau, filigran wird auf der Gitarre gezupft, gezögert und getrillert, bis die Triolen fröhlich hüpfen.

Das hätte dem Bellmann wohl gefallen, und das gefiel seinen Saufkumpanen, die als Personal in Bellmanns berühmtesten Stücken, den „Fredmans Episteln“ bis heute weitertrinken: Jean Fredman der Urmacher, sein Freund Vater Movitz, Korporal Mollberg, Vater Berg, ein Norström und Fredmans große Liebe Ulla Winblad, zu deutsch Weinblatt. Sie ist Nymphe, Geliebte, Tänzerin, Priesterin in Bacchus Tempel und, man ahnt es schon, eine Prostituierte: „Ulla hat noch nie gegeizt, sie gehört uns allen“, heißt es freimütig in Epistel Nr. 48.

Der Bellman-Nachmittag wird auch zu einer kleinen imaginären Stockholm-Tour. Achim Maas zieht mit seinem Publikum hinter Bellmann her durch die Kneipen der Stadt, „Brüder lasst die Korken knallen“, wo sie den Figuren aus Fredmanns Episteln begegnen. Dann geht es in der „Mälarweise“ auf eine lustige Kahnfahrt an den Mälarstrand. Einer der Strandwege, von denen die Stadt so viele hat, die hinaus zu den Sehnsuchtsorten so vieler Stockholm-Urlauber führen, den Schäreninseln. Erinnerungen an Carl Michael Bellmann könne man mitten in der Hauptstadt gleich mehrfach finden, sagt Maas, ein Haus und ein Museum tragen seinen Namen.

Die Übersetzer der Bellmannlieder sind in Deutschland bisher meist bekannter gewesen als der schwedische Troubadour selbst. Ernst Moritz Arndt pries ihn 1810, Carl Zuckmeyer übersetzte ihn 1938, Hannes Wader und Harald Juhnke haben seine Lieder gesungen. Achim Maas hat sich in den Siebzigern eine Schallplatte von Manfred Krug gekauft, darauf sang der, na was schon, Fredmans Episteln! Undine Zimmer

, ine Zimmer

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