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Kultur: So einfach

Feiertagskonzerte mit Jazz und dem Cimbaly

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Es stimmt einen schon sehr nachdenklich, dass sich mit jedem Jahr die Stimmen häufen, die davon künden, die Weihnachtsfeiertage wären mehr Last denn Lust. All das Gerenne und Gehetze im Vorfeld, die ständigen Beinahekatastrophen im Rahmen der zwanghaften Familienzusammenkünfte und und und. Doch alle Jahre wieder, trotz dieser Klagen, das gleiche Spiel. Vielleicht aus dem Grund, weil jeder doch hofft und sich wünscht, dass da wieder einmal diese besonderen Momente, dieser Hauch von Glückseligkeit und Besinnlichkeit erlebbar werden. Dabei ist es doch so simpel. Einfach mal weg vom Terror um den heimischen Weihnachtsbaum und raus! Die jährlichen Weihnachtskonzerte sind da immer eine sichere Bank, wie sich im Nikolaisaal und im Schlosstheater im Neuen Palais wieder gezeigt hat.

Puderzuckerdickkitschig und entsprechend furchteinflößend klang das Motto von Lisa Wahlandt und ihrem Trio am ersten Weihnachtsfeiertag im Foyer des Nikolaisaals: „Home for Christmas“. Und mit „Morgen, Kinder, wird’s was geben“, „The Christmas Song“ und „Wir fahrn mit unsern Schlitten“ standen dann auch einige der üblichen Verdächtigen auf dem Programm. Aber was Lisa Wahlandt und ihre drei Musiker daraus machten, das war die wirkliche Bescherung in dieser Weihnachtszeit. Purer Jazz-Zauber in Lisa Wahlandts Stimme, so lässig leicht, so ungezwungen natürlich, so verspielt lustvoll, dass man regelrecht weihnachtsfestseliggrinsend auf seinem Stuhl im fast ausverkauften Foyer saß und das alles nur genoss. Walter Langs bluesswingendes, so herrlich perlendes, nie ausuferndes Spiel auf dem Klavier, Sven Fallers treibende Kontrabasseskapaden und Robert Kainars scheinbar grenzenloser Klangkosmos auf dem Schlagzeug. Unaufgeregt, ungezwungen und so reich in den schlichtschönen Arrangements der unterschiedlichen Lieder.

Am Vormittag des zweiten Weihnachtstages dann Olga Mishula zusammen mit der Pianistin Sandra Vucenovic zum Abschluss der diesjährigen Potsdamer Hofkonzerte im Schlosstheater unter dem Titel „Lauschet, höret die Stille ...“. Virtuoses auf dem Cimbaly, einem populären Volksinstrument aus Olga Mishulas weißrussischer Heimat, das hier in abgewandelter Form als Tischzither oder Hackbrett bekannt ist. Mal mit den Finger gezupft, dann mit kleinen Schlegeln traktiert präsentierte Olga Mishula Bearbeitungen von Lully und Couperin, Tschaikowsky und traditionellen Weihnachtsliedern. Ein seltenes und nicht selten gewöhnungsbedürftiges Klangerlebnis, wenn da das Prelude und die Sarabande aus Bachs Cello Suite No. 2 in d-Moll oder die Canzonetta aus Tschaikowskys Violinkonzert in D-Dur erklingen.

Mit den Schlegeln gespielt gab sich das Cimbaly lautstark und dem begleitenden, so kontrastierenden Klavier ebenbürtig. Nur gezupft sind die spitzen, so kristallinen Töne fast so stark gedämpft, als würde da eine kleine Spieluhr erklingen. Chopins Fantasie-Impromptu in cis-moll wird unter den Händen von Olga Mishula zum schlegeltobenden Wahnwitz und in ihren Variationen über das weißrussische Lied „Vor meinem Haus“ glaubt man die Santur, die persische, und die Guzheng, die chinesische Schwester des Cimbalys, zu hören. So schlicht und schön und beglückend kann Weihnachten sein. Dirk Becker

Dirk Becker

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