Kultur: So „geil“
Die Kölner Gitarren-Popband Klee im Waschhaus
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Die Kölner Gitarren-Popband Klee im Waschhaus Sieben lange Jahre ist das jetzt her. Die Stimme der Kölner Popband „Ralley“ – trotzig, sehnsuchtsvoll und görenhaft – lieferte damals mit „Zelten“ einen bezaubernden Sommerhit, der dann jeden Urlaub musikalisch vorbereiten sollte: „Schnell, schnell, raus aus der Stadt, die Straße lang und dann links.“ Der Song war fantastisch, warum hörte man von der Band nichts mehr? Suzie Kerstgens und ihre zwei damaligen Mitstreiter, der Gitarrist Tom Deininger und ihr Keyboarder Sten Servaes, heißen seit 2001 und nach zwei produzierten Alben nunmehr „Klee“. An einem Dienstag kurz vor Weihnachten, steht die Band, für die Tour verstärkt durch Schlagzeug und Bass, auf der Bühne des Waschhauses. „Suzie!“ ruft es vorab erwartungsfroh aus dem Publikum. Es ist nicht nur die überfällige Bestätigung, damals richtig gelegen zu haben, die zur leicht pathetischen Aussage drängt, das „Klee“ mit ihren zwei Stunden erheblich rockenden Pop dem Waschhaus eines der besten Konzerte bescherte, die dieses Jahr zu sehen waren. Es war überall spürbar. Bei Suzie selbst, die zeitweilig von den Sympathiebekundungen der Menge so gerührt war, dass sie sich an die Brust des Bassisten werfen musste. „Es ist richtig geil, wieder hier zu sein,“ begrüßt sie die 250, „denn Ihr seid superviele! Geil.“ Nun, „geil“ wurde, ob man es mag oder nicht, irgendwie das Wort des Abends. „Ihr seid so geil“. Ein weiterer Zwischenruf. Man hat schon viele dröge Bands gesehen, die im Verlauf des Abends eher eine Mauer zwischen sich und der Menge errichteten, als mit ihr eins zu werden. Bei „Klee“ allerdings schwappt mit jedem der Songs eine Welle der Zuneigung sogar bis in die letzten Reihen, dorthin, wo die harten Jungs stehen, die kritisch die Arme verschränken, während die Freundinnen direkt an der Bühne stehen. Auch hinten wird gewippt. Immer wieder werden Kamera-Handys nach oben gereckt, denn alle spüren, gerade einem Ereignis beizuwohnen. Kerstgens ist eine sehr niedliche „Rampensau“, sie und ihre Stimme scheinen für die Bühne erschaffen. Doch in allererster Linie spielt sie ihre Lieder für sich. So verflechten sich ihre Hände bei den langsamen Nummern („Für Alle, die ...“) ineinander, als seien sie kein Teil von ihr. Bei den schnellen, wie dem hymnischen „Gold“, rockt die Blondine, hüpft und springt. Und sie erzählt charmant von sich, wenn sie die nächste Nummer ankündigt: „Es geht um etwas Ernsthaftes – die Liebe. Wenn man verliebt ist, denkt man ja, dass sie niemals aufhört. Aber die Liebe, die eingepflanzt wurde, geht niemals zu Ende. Daran glaube ich.“ Nach diesem Glauben klingen „Klee“. Die Musik von damals ist reifer geworden, die Samples des Keyboards legen einen sattelfesten Groove unter. Lieder wie „2Fragen“, oder der offizielle PopKomm-Song des Jahres 2001, „Erinner“ Dich“, elektrisieren und gehören, wie das gesamte hier vorgestellte Album „Jelängerjelieber“, zum Besten, was deutscher Indie-Pop gerade zu bieten hat. Geil. Matthias Hassenpflug
Matthias Hassenpflug
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