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Keine Sekunde still. Ola Onabule beschwörte mit seinem Gesang geradezu seinen Körper, er tanzte die Songs.

© Manfred Thomas

Von Undine Zimmer: So nah und doch so fern

Der britische Soul- und Jazzsänger Ola Onabule gastierte im Potsdamer Nikolaisaal

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„Der ist unglaublich sexy“, tuschelten die gut gelaunten Damen in der Pause. Sie meinten den Mann mit der schwarzen Weste unter dem dunklen Anzug und den weißen Tüchern in der Brusttasche. Er hatte sich vor knappen 40 Minuten, mit seiner ebenfalls dunklen Stimme, so vorgestellt: „Ich bin Olatunji Olugbenga Omotayo Olanrewaju Adetokunbo Abdul Majeed Onabule, aber Ihr dürft Ola zu mir sagen!“ Es versprach ein intimer Samstagabend zu werden im großen Nikolaisaal.

Ola Onabule hatte kaum den Satz mit den Worten „ ... und das ist meine Band“ beendet, schon spielten alle auf einmal los: das Filmorchester Babelsberg, seine Band aus Schlagzeug, Bass, Gitarre und Klavier sowie Ola selbst.

Gleich in den ersten Liedern hörte man die Stimme Ola Onabules in soulige Höhen klettern, doch außer einzelnen Worten wie „dignity“ und „generoustiy“ war kaum etwas zu verstehen. Dabei wird Ola Onabule von der Kritik für die Qualität seiner Texte gelobt. Dass die an diesem Abend schwer zu hören waren, war nicht so wichtig. Sobald die Musik spielte, fing Ola Onabule an zu fliegen: Er tanzte seine Songs, die Hüfte hielt keine Sekunde still, seine Schultern bewegten sich während er die Arme ausbreitete, jeder Muskel sang mit. Wie eine Schlange beschwörte er mit seinem Gesang den eigenen wehrlosen Körper. Ola Onabule kann sich an diesem Abend keinen Vorwurf machen. Er hat alles gegeben.

Dennoch schien der Abstand zwischen der Bühne und dem Publikum zu groß. Obwohl die Zuhörer pfiffen und klatschten, sich aus den Sitzen erhoben und nach dem Konzert viele CDs kauften, blieb eine gewisse Kühle in der Luft hängen. Nach der einzigen Zugabe ging so schnell das Licht an, dass keiner den Versuch wagte eine zweite zu fordern. Um 22.09 Uhr standen alle wieder vor der Garderobe. Dabei lief doch alles perfekt. Oder vielleicht war es gerade das.

Ola Onabule hatte alles im Griff. Nicht nur seine Band auch das Orchester. Bernd Wefelmeyer, Dirigent des Babelsberger Filmorchesters, stand mit großen Augen wie hypnotisiert vor dem wirbelnden Sänger und begab sich stracks auf Position, wenn der erhobene Zeigefinger den nächsten Orchestereinsatz ankündigte. Man kann sich denken, dass jemand wie Ola Onabule ziemlich genaue Vorstellungen davon hat, wie seine Songs klingen sollen. Seit Jahren schreibt und arrangiert er seine Songs selbst. Er hat für zahlreiche bekannte Künstler mitgeschrieben und tourt nun endlich, nach zwei Jahrzehnten im Musikbusiness, mit seinem siebten eigenen Album „Seven Shades Darker“ um die Welt. Mitte Vierzig ist der Musiker mit britischem und nigerianischem Pass und gilt als der Geheimtipp Großbritanniens. In einem James Brown Konzert soll er sich entschieden haben Sänger zu werden. Seine erste Band gründete er mit Vierzehn.

Zu Beginn des Abends sah man einen Mann auf der Bühne, der sich in nichts zurückhielt. Er sang den Beat für das Schlagzeug vor, improvisierte und ließ seiner Stimme freien Lauf. Immer wieder neckte er das Publikum. Deutete an, dass er die Zuhörer animieren wollte und machte dann einen Rückzieher: „Keine Angst, alles was ich von Euch erwarte, ist das hier“, sagte er und schlug die Hände im Takt über dem Kopf zusammen. Das Publikum klatschte erleichtert mit. Man war nicht ganz sicher, traute sich dieser erfahrene professionelle Performer nicht mehr zu fordern oder machte er sich lustig? Nur bei dem Klassiker „Soultrain“ ließ er alle mitsingen.

Das Filmorchester hatte an diesem Abend seine Schwierigkeiten sich klanglich gegen die Band, vor allem gegen das etwas zu laute Schlagzeug und den Bass der Band durchzusetzen. Während man das Glockenspiel und die Streicher zumindest in den Gitarrenpausen hören konnte, verschwanden die Bläser bis auf einige Ausnahmen ganz. Leider, denn die Arrangements für funkige Rhythmen und romantische Streicher passten gut zu Ola Onabules Songs.

Schien die erste Hälfte des Konzerts nur zu kurz, wurde in der zweiten Hälfte, trotz toller Songs und hingebungsvollem Auftritt dieser gewisse Abstand spürbar. Ola Onabule schien seine Posen zu wiederholen. Er verausgabte sich und war doch wie abgeschlossen auf der Bühne. Statt noch ein paar persönliche Anekdoten zu erzählen, verwies er wieder und wieder auf seine Bandmitglieder. Obwohl man diesen Sänger gerne noch ein bisschen näher kennengelernt hätte. Er schien sich innerlich schon verabschiedet zu haben. Und so wirkte die Zugabe eher höflich als herzlich.

, ine Zimmer

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