Kultur: So schön kann Klappern sein
Sie können einem den letzten Nerv rauben, ihren Klang in die Ohren der Zuhörer schleudern wie kleine Kieselsteine. Doch wer die wahre Kunst beherrscht, die Kastagnetten zu schlagen, der lässt sie sprechen, singen und tanzen.
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Sie können einem den letzten Nerv rauben, ihren Klang in die Ohren der Zuhörer schleudern wie kleine Kieselsteine. Doch wer die wahre Kunst beherrscht, die Kastagnetten zu schlagen, der lässt sie sprechen, singen und tanzen.
Schon mit ihrem ersten, dezenten Auftritt in Fernando Sors „Minueto“ aus der „Deuxième grande Sonate“ zeigte Belén Cabanes, dass sie eine Meisterin auf diesem schlichtem Instrument ist. Gefühlvoll und akzentuiert ihr Einsatz, nie nur Rhythmusarbeit, sondern eigenwillige Stimme im ruhig-romantischem Spiel des Gitarristen Andreas Maria Germek.
„Recital de castañuelas“ war die Kammermusik im Foyer des Nikolaisaals am Freitagabend überschrieben. Belén Cabanes mit Konzertkastagnetten und Tanz, dazu der Gitarrist Andreas Maria Germeck. Ein Programm und eine Künstlerkonstellation, die mit einem puren Flamencoabend rechnen ließen. Doch nur Germeks Granaina „Arroyo Claro“ wies am Anfang in diese Richtung. Dann folgte schon Sors „Minueto und dann, scheinbar Pflichtprogramm, die „Asturias“ von Isaac Albéniz. Ursprünglich für Klavier geschrieben, gehört die „Asturias“ in der Adaption für Konzertgitarre zu dem Gassenhauer in Sachen spanischer Musik. Doch gerade durch Belén Cabanes’ zurückhaltende Kastagnettenkunst erhielt das schon zu oft Gehörte neue Farben, neue Akzente.
Darin lag der Reiz, aber auch die Schwierigkeit an diesem Abend: Mit Flamencogitarre und Kastagnetten das typisch Spanisch zu präsentieren, sich aber aber nicht nur darauf zu beschränken. Augustin Barrios „La Catedral“ mit Tanz und Kastagnetten zu begleiten erscheint gewagt, denn das dreisätzige „La Catedral“ ist ein Solostück, das den Hörer mit den zahlreichen Ideen und der eigenwilligen Sprache genug fesseln kann. Doch Belén Cabanes’ stolzer Flamencotanz und ihr Kastagnettenspiel duldeten keine Solostimme neben sich. So blieb Germeks Spiel von „La Catredal“ immer nur Begleitung. Besser funktionierte diese bewusste Gradwanderung bei Támezs „Guaijra Vá“, bei dem Belén Cabanes’ Tanz und Klang zu reinem Schauspiel wurden. Germeks Ton zwischen aggressiv-knackig, wenn der Flamenco sprach, zurückhaltend und formschön bei Barrios und Villa-Lobos. Das Publikum war fasziniert und gab sich begeistert. Dirk Becker
Dirk Becker
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