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Von Dirk Becker: So viel Liebe, so viel Freiheit

Schwelgen im kurzweiligen Glück: Juliane Götz und Eddie Irle spielen „Romeo und Julia“

Stand:

Die alte Geschichte von zweien, die sich lieben. Die füreinander bestimmt sind und doch nicht zueinander kommen dürfen. Es sei denn in Heimlichkeit. Die alte Geschichte von zweien, deren Liebe so überwältigend und rein, so absolut und bezwingend ist, dass es für dieses gemeinsame Gefühl keine Begrenzung gibt. Die alte Geschichte von zweien, die sich alle Freiheit nehmen, in dem Wissen, dass es nichts Höheres geben kann als ihr Mit- und Füreinander. Die aber scheitern, zu Grunde gehen, weil nicht sein soll, was sie so sehnlich wollen. Scheitern im Leben, aber nicht in der Liebe.

Es ist die alte Geschichte von Romeo und Julia, die wohl berühmteste Liebesgeschichte der Literatur und des Theaters. Aus der Feder von William Shakespeare, zum ersten Mal veröffentlicht im Jahr 1597. Eine Geschichte, die nach all dieser Zeit immer noch faszinieren und berühren, einem immer wieder aufs Neue die Augen über das Wunder der Liebe öffnen kann. Wenn sie denn von zwei Schauspielern erzählt wird, die sich von dieser Liebe packen und überwältigen lassen, die staunen können über das, was da Unfassbares zwischen zwei Menschen passiert. Am kommenden Freitag, wenn „Romeo und Julia“ in der Regie von Bruno Cathomas im Hans Otto Theater Premiere hat, stehen Juliane Götz und Eddie Irle in den Rollen von Julia und Romeo auf der Bühne.

Zwischen Nachmittags- und Abendprobe haben sich Juliane Götz und Eddie Irle Zeit genommen, um über „Romeo und Julia“ zu sprechen. Ein Gespräch in der Kantine des Hans Otto Theaters im Halbdunkel dieses nasskalten Januarmontags, das hauptsächlich um die Liebe kreisen wird. Die von Romeo und Julia und auch die eigene. Ein Gespräch, das zeigen wird, wie ernst es diesen beiden Schauspielern mit der reinen Liebe von Romeo und Julia ist. Wie weit sie gehen werden, am Freitag, auf der Bühne im großen Saal. Ob sie lieben und rasen, sich hingeben und leiden werden. Ob sie etwas zum Strahlen bringen wollen, das sich dann vielleicht auch auf den Zuschauer überträgt. Das er nach der Vorstellung mitnehmen und in sich tragen kann wie ein kleines Glück. Ein kleiner Geschmack von dem, was Romeo und Julia zu kompromisslos packte.

Das Gespräch braucht kein Vorgeplänkel, kein Herantasten. Es ist ein Mittendrin, sobald die Rede von Romeo und Julia und von der Liebe ist. Keine Barriere, von der sich Juliane Götz oder Eddie Irle bremsen lassen. Sie reden mit einer Begeisterung und gelegentlich auch mit einem Furor über dieses so berühmte Liebespaar, dass es einen fast schon überfordert. Doch nach einem kurzen Moment der Verwirrung genießt man diese Hingabe zweier junger Schauspieler, diese Freude an ihren Rollen, die einem schon nach wenigen Minuten zeigt, dass es Juliane Götz und Eddie Irle mit Romeo und Julia ernst ist, sehr ernst sogar. Und das sie keine Kompromisse dulden, was dieses Miteinander betrifft.

„Wir sind für die Liebe zuständig“, sagt Eddie Irle auf die Frage, ob die Inszenierung der Tragödie von „Romeo und Julia“ in der Regie von Bruno Cathomas sich vor allem auf die Liebesgeschichte konzentrieren oder vielleicht doch nur krampfhaft versuchen wird, immer und immer wieder neue und neueste Bezüge zu unserer Zeit zu suchen. Natürlich wird sich das Stück auch um Fragen nach der Liebe drehen. Was ist Liebe? Welche Facetten hat sie? Was bedeutet verhinderte Liebe? Diese philosophischen Fragen wird vor allem René Schwittay in der Rolle des Pater Lorenzo nachgehen.

Und sind Romeo und Julia überhaupt offen für diese Belehrungen und Gedankengänge des Kirchenmannes und ihres Verbündeten?

Juliane Götz und Eddie Irle brauchen nur einen kurzen Moment des Innehaltens, dann antworten sie fast unisono mit einem leidenschaftlichen „Nein“. Dieser wenige Tage jungen Liebe zwischen Romeo und Julia, die alles überschäumt und überschwemmt, die noch im Überschwang der Unfehlbarkeit schwebt, dieser Liebe können keine Zweifel etwas anhaben. „Verzweiflung darüber, dass ich Julia nicht sehen kann, aber jeder andere sie sieht. Das ja. Aber Zweifel? Nie“, sagt Irle.

„Unsere Liebe bleibt stark. Auch wenn immer wieder etwas dazwischen kommt, wenn wieder etwas schiefläuft“, sagt Julia Götz. Ablehnung und Zwischenfälle, Anpassung und Schicksalsergebenheit ihrer Mitmenschen, die schließlich zum Tod von Romeo und Julia führen.

Eine Liebe, die vielleicht deshalb so rein und strahlend wirkt, weil sie nur ein paar Tage existieren konnte? Weil der Tod verhindert hat, dass sie sonst mit Sicherheit irgendwann die Patina des Alltags ansetzen würde?

„Das ist mir zu fatalistisch“, sagt Eddie Irle. Und für einen kurzen Moment schwingt Empörung in seiner Stimme, so, als würde da einer seine ganz persönliche Liebe beleidigen. „Was da zwischen den beiden passiert, das ist so besonders, dass ich dafür auch nach Wochen und Monaten kämpfen würde.“ Eine Liebe, die Romeo, der bis dahin immer nur in das Verliebtsein an sich verliebt war, die Augen öffnet für das wahre Wunder der Liebe. Und Julia, die das alles zum ersten Mal erlebt und dann gleich in einer Absolutheit, die alles übertrifft.

„Das ist so rein, so lieblich und so wunderschön“, sagt Juliane Götz. Und auch wenn sie für einen Moment zögert, ob das vielleicht nicht doch zu schwülstig klingen könnte, lässt sie es heraus. Und so, wie sie es sagt, mit dieser ehrlichen Begeisterung, klingt es nicht nur überzeugend, sondern über alle Zweifel erhaben.

Ein Eintauchen in Romeo und Julia und ihre Liebe also. Ein Erkämpfen der Sprache Shakespeares, die anfangs so hölzern in ihren Mündern klang, sich dann aber immer mehr öffnete. Nicht mehr nur Kunstsprache, sondern Lebens- und Liebessprache wurde, wie Irle sagt. Und die sanfte und gleichzeitig bestimmende Hand von Regisseur Cathomas, der ihnen alle Freiheiten gab und so das Absolute von ihnen verlangte. Der ihnen half, die eigenen Beschränkungen, diesen Knoten im Kopf, wie Juliane Götz es nennt, zu lösen, damit sie „Romeo und Julia“ so darstellen, wie es am schönsten und schwersten und ehrlichsten ist. Nicht Liebe spielen, sondern geben.

Premiere von „Romeo und Julia“ am Freitag, 28. Januar, 19.30 Uhr im Hans Otto Theater in der Schiffbauergasse. Kartenreservierung unter Tel.: (0331) 98 11 8

Dirk Becker

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