Kultur: Soirée: Waldidyllische Reminiszenzen Das Zephyr-Trio spielte
im Alten Rathaus
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„Was treibt den Waidmann in den Wald“, liedsingt eine gewisse Emma in dem Stück „Der Erbvertrag“, das Louis Spohr (1784-1859) für Mezzosopran, Horn und Harfe (oder Klavier) komponiert hat. Wenig später erfahren wir: „Nach Wolf und Bär zu jagen“ Ah, ja. Wird die Gesangstimme von der Flöte übernommen, ergibt das ein richtiges Trio. Selbiges stellt das Zephyr-Trio, bestehend aus Barbara Hill (Flöte), Heidi Wessel (Waldhorn) und Domenica Reetz (Harfe), an den Anfang seines raritätenreichen Programms, das der Verein zur Förderung musikalisch-literarischer Soireen im Alten Rathaus den Kennern und Liebhabern der Kammermusik zur inneren Erbauung darreicht. Waldidyllische Reminiszenzen bestimmen gleichsam als Leitmotiv die Zusammenstellung.
Ruhe und Romantik sucht man in den imaginierten Forsten und an Bächen zu finden. Im Spohrschen Fall macht das Zephyr-Trio seinem Namen kaum Ehre, denn von säuselnden Winden kann nicht die Re-de sein. Zu sehr hindern durchdringende Klänge von Horn und Flöte das Seelenbaumeln. Die Akustik des Musikzimmers scheint darob glatt überfordert. Im weiteren Verlauf nimmt man die Lautstärke zurück. In „Esquisse“ (Skizze) von Georges Barboteu (geb. 1940) vogeltiriliert es per Flöte, harfenrauscht ein munteres Bächlein durch Wiesen, bläst das Horn zur Jagd. Kurzum: die schönsten Klischees aus romantisch-deutscher Seele finden sich hier oder werden in den „Scenes de la forét“ (Waldszenen) der französischen Komponistin Mel Bonis (1858-1937) stimmungsvoll bedient – leider mit nur wenig geschmeidigem Flötenton. Wie ganz anders zeigen sich die spielfreudigen, witzigen und pointierten, vergnüglich anzuhörenden „Sketche“ aus der Feder von Gisbert Näther, wobei Harfenrezitative die einzelnen Späße zu einem nahtlosen Ganzen verbinden. 2007 ist es als Auftragswerk fürs Instrumentalensemble entstanden. In diesem Jahr erhält es von dem in Berlin lebenden Argentinier José Hernán Cibils den Zyklus „Triumph 1,2,3,5“ zugeeignet. Die ersten drei Piecen zeigen sich floskelhaft und geben sich getragen, das letzte eher keck und kurzatmig. Was daran soll triumphal sein?
Doch es geht nicht nur à trois, sondern auch in wechselnden Konstellationen zu. Die Harfenistin Domenica Reetz begeistert in der Konzertetüde „Fileuse“ des legendären französischen Harfenisten Alphonse Hasselmans (1845-1912) mit flinkfingrigem Arpeggienspiel, das Wasserrauschen zu imaginieren trachtet. Dann assistiert sie der Hornistin Heidi Wessel beim Nocturno von Franz Strauß (1822-1905), kgl. Hoftrompeter und Vater von Richard, dem berühmten Komponisten. Waldheimelig und romantisch tönt das Horn, leider wird es nicht immer präzise intoniert. Später erfährt die Flötistin Barbara Hill ihre Unterstützung. Wie eine Opernromanze mit anschließender Cabaletta hört sich eine Sonate von Donizetti (1797-1848) an, wobei die nicht sauber schwingende Luftsäule den Hörgenuss genauso erheblich trübt wie im Andante con Variationi von Rossini (1792-1868) über „Di tanti palpiti“ aus seiner „Tancredi“-Oper. Traut vereint findet man sich im „Souvenir du Rigi“ op. 38 des Flötenvirtuosen Albert Franz Doppler (1821-1883) wieder, einer Hommage an das bekannte zentralschweizerische Bergmassiv mit seinen zwei Zahnradbahnen.
Wieder gibt es Waldesidylle und bergwanderische Fröhlichkeit zu erleben. Dann ist der (Klang-)Bär zur Strecke gebracht. Peter Buske
Peter Buske
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