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Kultur: Spannend, lebendig und geschmeidig Werke der Bach-Familie in der Nikolaikirche

Wolle man „triumphierende Seligkeit, Festtagsgesänge und himmelaufjauchzende Chöre“ komponieren, so bediene man sich der Tonart D-Dur. So empfiehlt jedenfalls der Dichter-Musiker Christian Daniel Schubart, zu dessen künstlerischen Leitbildern Johann Sebastian Bachs zweitältester Sohn Carl Philipp Emanuel gehört.

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Wolle man „triumphierende Seligkeit, Festtagsgesänge und himmelaufjauchzende Chöre“ komponieren, so bediene man sich der Tonart D-Dur. So empfiehlt jedenfalls der Dichter-Musiker Christian Daniel Schubart, zu dessen künstlerischen Leitbildern Johann Sebastian Bachs zweitältester Sohn Carl Philipp Emanuel gehört. Und dieser hat, 35-jährig, seine Vertonung des „Magnificat“ in eben dieser Tonart angesiedelt. Mit der Aufführung des Werkes am Vorabend seines 226. Todestages am 14. Dezember entboten der Nikolaichor, die Neue Potsdamer Hofkapelle und ein stimmfrisches Solistenquartett unter Leitung von Nikolaikantor Björn O. Wiede dem 300-jährigen Jubilar einen letzten jahresfeierlichen Endgruß. Knapp drei Dezennien stand Bachs Sohn als Hofcembalist im Dienste von Friedrich II. ,„Aus der Seele muss man spielen, nicht wie ein abgerichteter Vogel“, fordert Carl Philipp von Interpreten jedweder Couleur. Wiede und seine Mitstreiter halten sich daran.

In der tiefgründigen und farbig instrumentierten Textdeutung wird der Lobgesang Marias zu einer hymnischen Akklamation. Da ist paukenumwirbeltes und trompetenglänzendes Jubilieren angesagt. Allerdings nicht vordergründig, eher verhalten. In kammermusikalischer Besetzung musizierend sorgen die Hofkapellisten für jenen leichten und affektreichen Ton, wie er für eine empfindsame „Gemüthsergetzung“ unabdingbar ist. Sparsam gehen sie mit Vibrato um, was dem musikalischen Geschehen, trotz des Kirchenraumes akustischer Gegenwehr, eine vortreffliche Durchsichtigkeit verleiht. Sehr geschmeidig und lebendig, intonationssicher und homogen bewältigt der Nikolaichor seine wenigen, anspruchsvollen Aufgaben zwischen Jubel und schmerzerfüllten Betrachtungen („Et misericordia eius“). Bei den zahlenmäßig zueinander passenden Besetzungen von Chor und Orchester muss man keine Bedenken haben, dass der eine den anderen zu übertönen trachten würde.

Festliches Gepränge auch im nachfolgenden Kultwerk, Vater Bachs „Weihnachtsoratorium BVW 248“, aus dem die ersten drei Kantaten erklingen. Mit allen chorischen und instrumentalen Meriten des Voraufgegangenen, wobei sich nunmehr Oboe, Violine und Trompete bei der Begleitung der affektgespickten Arien besonders hervortun. Kammermusikalische Intensität und ohrenbeseligende Intimität (Hirtenmusik!) ist angesagt. Zart und verinnerlicht, stets con espressione singt Susann Ellen Kirchesch die Sopranparts in beiden Werken. Natürlich und sehr berührend trägt Altistin Marlene Lichtenberg die drei berührenden Arien der beseligten Mutter vor. Leicht spricht die Stimme des strahlenden Tenorlyrikers Jan Remmers an. Koloraturenflink und mit sicheren Spitzentönen begeistert er Herz und Sinne, trägt im „Weihnachtsoratorium“ die Rezitative mit selten gehörter Präzision und innerer Anteilnahme vor. Ihm darin gleich der kraftvolle und ausdrucksintensive Bassist Bert Mario Temme, der sehr zügig, zupackend und lebendig die Arie „Großer Herr und starker König“ vorträgt und in der „Magnificat“-Arie „Fecit potentiam“ auch das nötige Gespür fürs Martialische aufbringt. Der Eingangschor der dritten Kantate „Herrscher des Himmels“ wird abschließend noch einmal angestimmt. Den rundum gelungenen Wiedergaben dankt starker Beifall. Peter Buske

Peter Buske

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