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Kultur: Sprache und Musik in Eins verschmolzen

„Im Garten vorgelesen“ der URANIA mit Hans-Jochen Röhrig und Cathrin Pfeifer

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„Im Garten vorgelesen“ der URANIA mit Hans-Jochen Röhrig und Cathrin Pfeifer Am Sonnabend war Ultimo für die so erfolgreiche URANIA-Reihe „Im Garten vorgelesen“. In diesem Jahr. Ohne sei-nem Vorsatz ungetreu zu werden, behufs Literatur und Musik die hortensischen Privatissime bekannter und weniger bekannter Menschen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, war die finale Lesung vielleicht eine diplomatische Referenz an Potsdam selbst. Man traf sich im Hofgarten des seit 1997 schön hergerichteten „Museumshauses“ in der Hermann-Elflein-Strasse 3, welches der Stadt gehört und von der Denkmal-pflege für kunstvoll zusammengestellte Ausstellungen genutzt wird. Der 1737 errichtete Bau (zehn Zimmer) gilt als ältestes Fachwerkgebäude aus der Regie-rungszeit Friedrich Wilhelm I. Über seine dramatische Geschichte ist viel geschrieben worden, aber das Gärtlein im Hofe, von der „Peter-Lenné-Schule“ mit sorgsamer Liebe „geplant, gestaltet und bepflanzt“, wie ein kleines Schild verrät, fand bisher vielleicht noch keine Würdigung. Vor einer weissgekalkten Mauer rankt sich Grüngewächs nach oben, den Hof selbst nicht berührend, wächst ringsum Eisblume und Kapuziner, Sträucher, auch Obstgehölz, ein Apfelbaum im Zentrum. Dort las Hans-Jochen Röhrig - in Not, die wunderbare Erzählung von John Steinbeck überhaupt zu kürzen - „Von Mäusen und Menschen“. Ein US-Autor in dieser Reihe? Warum nicht, muss es denn immer Märkisches sein, Fontane oder Huchel? Ein Spätnachmittag der Premieren: So neu wie diese Strichfassung, diesmal im Stehen vorgetragen, war auch der ganz exzellente musikalische Beitrag. Cathrin Pfeifer spielte auf dem Akkordeon selbstkomponierte Stücke, welche Innerlichkeit strahlten, Glanz und Schönheit, Gefühl, Harmonie und Dramatik. Sie passten, je weiter die Handlung voranschritt, seltsamerweise immer besser zum Text, verschmolzen gar beim traurigen Finale in Eins. Steinbeck erzählt von den Sorgen und Sehnsüchten „kleiner Leute“, wie sie die zahlreich erschienenen Hörer in George und dem retardierenden Lennie fanden, beide Landarbeiter. Doch während der erstere mit normalen Talenten begabt ist, braucht Lennie, hünenhaft und von gewaltiger Kraft, dessen geistige Hilfe. Eigentlich ist es ein Kind, mit dem ständigen Wunsch, Tiere zu streicheln, eines Tages auf einer Farm Kaninchen zu züchten und „vom Fett der Erde“ zu leben. Doch was dieser Bär auch berührt, das stirbt. Er trägt tote Mäuse in seiner Hosentasche, bringt, auf der Farm, wo es Arbeit gibt, zuerst einen Welpen zu Tode, dann die Frau von Curley, den Sohn ihres Boss’. Nie hat er es „so gemeint“, doch immer wieder passiert es, und Lennie ist traurig, George zu enttäuschen. Der Autor beschreibt seine Figuren mit aller Eindringlichkeit, genau wie es Röhrig gelang, fast durchgehend Text und Dialoge in plastische Bilder zu wandeln. Dazu diese kongeniale Akkordeon-Klänge! Toll. In der Pause besorgte „in vino“ wieder den kulinarischen Standard. Es geht nicht gut aus. Bevor die lynch-bereite Meute die beiden ungleichen Freunde am schützenden Fluss entdeckt, erschiesst George den Kameraden von hinten, während er ihm noch einmal den Traum von der eigenen Farm in schönen Farben ausmalt. Slim, der Landarbeiter, tröstet den traurigen Mörder: „Manchmal muss man so handeln“. Berührend-wahrhaftig, erinnert diese Geschichte sehr an Ken Kesey’s Roman „Einer flog über das Kuckucksnest“. Ein starkes Finale der Potsdamer URANIA an einem restaurierten Fachgewerk mit dem seltsamen Namen „Zum güldenen Arm“, in Hörweite fleischgrillender Nachbarn, wo und Eichen wie Birken über das trennende Gemäuer raunten, als nochmals Regen aufzog.Gerold Paul

Gerold Paul

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