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Kultur: Springlebendig

„Entführung in die Oper“ mit der Kammerakademie

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Als Haremswächter Osmin quer durch das Foyer des Nikolaisaals spurtet und lautstark nach Belmonte sucht, juchzen die Zuschauer laut auf. Die wilde Verfolgungsjagd gehört zur „Entführung in die Oper“, einer Produktion für junge Zuhörer der Kammerakademie Potsdam. Manch einer der erwachsenen Zuschauer mag da ans Kasperletheater denken. Doch heute geht es in die Kinder-Oper. Dass selbst aus Wolfgang Amadeus Mozarts „Entführung aus dem Serail“ ein spannendes Singspiel für Kinder werden kann, zeigt die gelungene Produktion der Kammerakademie Potsdam am Sonntag.

Kaum ein Orchester verzichtet noch auf Education-Programme für Kinder und Jugendliche. Auch die Kammerakademie Potsdam kreiert schon seit mehreren Jahren ansprechende Kindermusikprogramme. Dass dabei sogar aus dem erstmals bearbeiteten Operngenre ein kurzweiliges Vergnügen wurde, hat viele Ursachen.

Gerade Mozarts Entführung besitzt ja einen simplen Erzähl-Plot, der sich gut für eine spannende Inszenierung eignet. Für die kindgerechte Bearbeitung sorgten Iris Winkler und Isabel Stegner. Die fünf beteiligten Musiker der Kammerakademie tragen nicht den üblichen Pinguindress, sondern schillerndbunte Fantasieorientkostüme. Den größten Eindruck bei den kleinen Zuhörern hinterlässt Friedemann Werzlau. Mit Pluderhosen, Turban und schwarzem Schnauzbart gibt er einen temperamentvollen Haremswächter, der mit den Augen rollt, mächtig auf die Pauke schlägt und sogar die Rachearie „Ha, wie will ich triumphieren!“ singt. Neben so einem faszinierenden Bösewicht hat die lyrische Figur des Belmonte natürlich weniger Chancen. Dabei ist diese Rolle als einzige von einem veritablen Sänger besetzt. Der Tenor Patrick Vogel singt die Arie „Oh wie ängstlich“ und Pedrillos maurische Romanze mit inniger Hingabe. Die Arien der Konstanze sind als Instrumentalpart zu hören und werden von Bettina Lange auf ihrer goldenen Flöte sehr anmutig gespielt. Begleitet wird sie von zwei Haremsdamen, Barbara Duven (Violine), Isabelle Stegner (Viola) und ihrem Wächter Peter Kuschel (Cello).

Dass dieser Beitrag zur kulturellen Frühbildung so springlebendig gelingt, liegt nicht zuletzt an Iris Winkler. Die Musiktheaterpädagogin trifft stets den richtigen Ton. Sie redet und fragt, tanzt und singt mit den Kindern. Alle dürfen mal kräftig trommeln, beim Bauchtanz mitmachen und gute Ratschläge erteilen. So gehen die 45 Minuten der Aufführung schnell vorbei. Zum Schluss singen alle gemeinsam nach Mozarts Melodie ein Lied, im dem das versöhnliche Finale der Oper kindlich schlicht zum Ausdruck kommt. So wird den kleinen Zuhörern Mozarts „Entführung“ wohl lange noch als musikalisches Märchen von Osmin, Belmonte und Konstanze in Erinnerung bleiben. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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