Kultur: Springlebendig und spielfreudig
Concert spirituel – Konzert der Nationen
Stand:
Zum Finale öffnet sich der Blick der Musikfestspiele Potsdam nach Europa. In der Friedenskirche Sanssouci erklangen Werke aus Paris und London, Wien und St. Petersburg. Bei diesem „Konzert der Nationen“ bestätigte das Freiburger Barockorchester einmal mehr sein Renommee für springlebendiges, fein differenziertes, federleichtes Zusammenspiel. Die sogenannte historisch informierte Spielweise klingt bei ihnen einfach mitreißend gut. Nicht zuletzt die Sopranistin Christina Landshamer und Solisten auf Flöte, Oboe und Fagott sorgen für den Erfolg des Konzerts. Welcher sich auch daran zeigte, dass das Publikum bis zum letzten Ton des inklusive zweier Pausen fast dreistündigen Abends auf den harten Holzstühlen der Kirche ausharrte.
Ob das Ambiente titelgemäß einem originalen Concert spirituel entsprach, sei dahingestellt. Eine kleine Konversation während der Musik stellte damals ja noch keinen Fauxpas dar, auch nicht das Kommen und Gehen nach Belieben. Die französischen Concerts spirituels waren nicht nur die erste kommerziell öffentliche Konzertserie, sondern auch eine der berühmtesten und beständigsten.
Etwas zu viel des Guten enthielt das aktuelle Programm, das in seinem Bemühen, den europaweiten Aufschwung des Konzertwesens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nachzuzeichnen nicht weniger als vier Sinfonien, eine Sinfonia concertante, ein Solo-Konzert, eine Ouvertüre und zwei Konzertarien aufbot. In Giuseppe Cambinis Sinfonia stimmt das Fagott einen originellen Balzgesang um die Oboe an, vorstellbar als turtelndes Duett eines liebestollen Auerhahns mit einem zärtlich gurrenden Ringeltäubchen. Ein ausgelassenes Happy End bietet das Rondo, welches von dem famosen Fagott von Javier Zafra und der verlockenden Oboe Ann-Kathrin Brüggemanns spielfreudig intoniert wird.
Carl Friedrich Abels Flötenkonzert entpuppt sich bei der quecksilbrigen, ätherischen Spielweise von Karl Kaiser als Kleinod galanter Empfindsamkeit. Höchstes Lob gebührt der Sopranistin Christina Landshamer, die bereits für die Konzertarie „Ah non lasciarme“ von Mozart Beifallsstürme erhält. Mit ihrer unerhört ausdrucksvollen, sonnig warmen, wandelbaren Stimme betörte sie auch bei Antonio Salieris Bravourarie „Son queste le speranze“. Gravitätische Haltung und bogenflinke Akkuratesse offenbart die Symphonie von François-Joseph Gossec und bildet somit einen wirkungsvollen Kontrast zu den melancholisch-zerrissenen Klängen von Johann Christian Bach. Dessen älterer Bruder Carl Philipp Emanuel Bach überrascht mit einer Sinfonie e-Moll, deren ungewöhnlich raubautzige Züge mit herben Unisono-Strichen weidlich ausgekostet werden, wobei die Bläser stellenweise in den Hintergrund treten.
Mit Haydns wenig bekannter Sinfonie Nr. 91 endet das Konzert straff, festlich und pointiert – würdig dem vehement applaudierten Freiburger Barockorchester. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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