Kultur: Staatskanzler und Lebemann
Karl August von Hardenberg im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte
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„Revolution von oben!“ ist die aktuelle Ausstellung im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte überschrieben, die dem Leben und Werk des preußischen Reformpolitikers Karl August von Hardenberg gewidmet bist. In loser Artikelfolge wollen wir gemeinsam mit dem Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte einige ausgestellte Arbeiten vorstellen. Heute gibt Andreas Bernhard Auskunft über das negative Geschichtsurteil zu Hardenberg im frühen 20. Jahrhundert und über die wenigen Hinterlassenschaften des Politikers.
Karl August von Hardenberg (1750-1822) blickte als einer der ganz wenigen Politiker seiner Zeit auch positiv auf die Erfolge der französischen Revolution und der napoleonischen Politik, statt sie nur zu verteufeln. „Demokratische Prinzipien in einer monarchischen Regierung“ lautete sein Credo für den preußischen Staat, den er durch die heute sogenannten Stein-Hardenbergschen Reformen grundlegend modernisierte. Dass Hardenberg heute meist nur Historikern ein Begriff ist und die Ausstellung im HBPG die erste umfassende Schau zu Person und Wirken ist, liegt im negativen Geschichtsurteil des 19. und frühen 20. Jahrhunderts begründet.
Als Hardenberg 1822 starb, waren besonders die Adeligen und die „Kronprinzenpartei“ froh, den „Alten“ und seine Bestrebungen um eine Verfassung des Staates los zu sein. Aber auch der Freiherr vom Stein „beglückwünschte“ zynisch den Staat Preußen zu Hardenbergs Ableben. Der König scheint den Aufzeichnungen Hardenbergs große Brisanz beigemessen zu haben, denn er beschlagnahmte nicht nur alle politischen Papiere, sondern ließ sie darüber hinaus auch für 50 Jahre versiegeln. Das machtvolle Staatskanzleramt, das 1810 für Hardenberg geschaffen worden war, wurde aufgelöst.
In der Geschichtsschreibung wurde Hardenberg gegen den Freiherrn vom Stein ausgespielt. Dabei wurde Stein zum vorbildlichen Deutschen hochstilisiert. Hardenberg dagegen wurde wegen seines aufwendigen Lebensstils, seinen drei gescheiterten Ehen und seiner meisterhaften Diplomatie als „moralisch und charakterlich zweifelhaft“ geschildert. Da das Edikt zur Emanzipation der Juden in Preußen auf Hardenberg zurückging, war er antisemitischen Kreisen ein Dorn im Auge.
Der persönliche Nachlass Hardenbergs ging fast vollständig verloren. Das wegen Beteiligung Carl-Hans von Hardenbergs am Hitler-Attentat schon von den Nazis 1944 enteignete Schloss Neuhardenberg wurde nach Kriegsende nahezu vollständig geplündert, im Zuge der Bodenreform abermals verstaatlicht und der Ort 1949 in Marxwalde umbenannt. Erst im Umfeld des „Preußenjahres“ 2001 wurde Hardenberg die nötige wissenschaftliche Beachtung zuteil.
In der Ausstellung sind erstmals alle heute bekannten Hinterlassenschaften Hardenbergs aus allen relevanten Museen und Archiven zusammengeführt und ergänzt durch „Ikonen“ der Geschichte. So sind beispielsweise der Friedensvertrag von Tilsit, die Rigaer Denkschrift und die Wiener Kongressakte ausgestellt. Der berühmte Tafelaufsatz aus vergoldeter Bronze, den Hardenberg 1815 von der Stadt Paris geschenkt bekommen hatte – ein Hauptwerk der Empire-Kunst – ist erstmals seit 180 Jahren in den erhaltenen Teilen des In- und Auslandes wieder zusammengefügt worden und überhaupt erstmals öffentlich ausgestellt. Ein Höhepunkt europäischer Porzellankunst sind die erhaltenen Teile des „Service Arabesque“ aus der Manufaktur Sèvres. Es war einst für das französische Königspaar gefertigt worden. An Hardenberg gelangte es als Dank der französischen Republik für die Verhandlung des Sonderfriedens von Basel 1795.
Revolution von oben! Preußens Staatskanzler Karl August von Hardenberg, Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Kutschstall Am Neuen Markt 9, noch bis 8. November, Dienstag bis Freitag 10-17 Uhr, Samstag/Sonntag 10-18 Uhr
Andreas Bernhard ist Kurator der Ausstellung
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