Klangmalerei voller Rasanz: Staatsorchester begeisterte im Nikolaisaal
Er sei, schreibt Richard Strauss, „sehr originell, durchaus neu in den Farben und eine recht lustige Verhöhnung aller Schafsköpfe, die’s aber nicht gemerkt, sondern darüber gelacht noch haben“. So notiert er nach einer von ihm dirigierten Aufführung seiner sinfonischen Dichtung „Don Quixote“ – jenes tragikomischen „Ritters von der traurigen Gestalt“, wie ihn Miguel de Cervantes Saavedra in seinem Anfang des 17.
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Er sei, schreibt Richard Strauss, „sehr originell, durchaus neu in den Farben und eine recht lustige Verhöhnung aller Schafsköpfe, die’s aber nicht gemerkt, sondern darüber gelacht noch haben“. So notiert er nach einer von ihm dirigierten Aufführung seiner sinfonischen Dichtung „Don Quixote“ – jenes tragikomischen „Ritters von der traurigen Gestalt“, wie ihn Miguel de Cervantes Saavedra in seinem Anfang des 17. Jahrhunderts entstandenen Roman „Don Quixote de la Mancha“ als einen bizarren Helden schildert.
Aus einzelnen Kapiteln dieser Satire auf die Ritterromane jener Zeit hat Strauss markante tonmalerische Klangszenen geformt und zu einer geistsprühenden Abfolge von zehn „Fantastischen Variationen über ein Thema ritterlichen Charakters“, so der Untertitel, gefügt. Dieses Werk, will es gebührend wirken, verlangt nach einer sinnlich berauschenden Orchestervirtuosität – die das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt unter seinem Chefdirigenten Howard Griffiths beim 2. Sinfoniekonzert am Samstag im Nikolaisaal auch einzulösen verstand.
In einer ausgedehnten Introduktion, mit Streicherbrillanz und Bläsertupfern gelöst musiziert, stellt sich die Assoziation des lesenden Ritters ein, der dabei so in Rage gerät, dass er den Verstand verliert und nun selbst ein fahrender Ritter werden will. Nun erst stellt er sich mit einem einprägsamen Thema per Solo-Violoncello vor. Dann tritt sein Knappe Sancho Pansa auf, charakterisiert von Bassklarinette, Tenortuba und Solo-Bratsche. Beide Themen bestimmen die folgenden Episoden.
Dabei sitzt Thomas Georgi, Solocellist des Staatsorchesters, auf einem resonanzverstärkenden Podest, sodass sich sein leidenschaftsloderndes, überaus plastisches Spiel mit zusätzlicher Intensität verströmen kann. Sein Ton ist klar und kraftvoll, ausgeglichen in allen Lagen, im energischen Zugriff voller Direktheit und Zärtlichkeit, perfekt phrasiert. Ein Erlebnis.
Auch wenn sie etwas weniger zu tun hat als er, steht ihm Claudia Georgi, am ersten Pult der Bratschengruppe sitzend, mit ihrem voluminösen und edlen Ton in nichts nach. Als Sancho Pansa kommentiert ihr Saitensingen des Ritters tollkühne Eskapaden. Wie der sich in den Kämpfen mit den Windmühlen, einer blökenden Hammelherde, bei der Begegnung mit einer Bauerndirne, dem Ritt durch die Luft (mit Windmaschine) oder dem grotesken Überfall auf zwei harmlose Mönche (zwei Fagotte im Duett) aus den zahlreichen Affären zieht, erfährt durch das klangsatt auftrumpfende, funkelnde und glitzernde, präzise und detailverliebte Musizieren des Staatsorchesters hinreißende Wiedergabe.
Eine gefühlsgetränkte, temperamentvolle und romantisch geprägte, wenn gleich vibratoarme Deutung erfährt Antonin Dvoraks Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88. Sie ist den Musikern längst in Fleisch und Blut übergegangen: Kaum eine Spielzeit, in der der Hymnus auf Böhmens Wälder und Ritterhistorie nicht erklungen wäre. Naturpoesie pur, die auch diesmal wieder ihre Wirkung nicht verfehlt. Mit dynamischen Differenzierungen wird nicht gespart. Sowohl im pastoralen Adagio mit seinem festlichen Trompetengeschmetter als auch im vergnüglich musizierten Scherzo und dem anspringender Lebensfreude durchpulsten Allegro-Finale. Riesenbeifall. Peter Buske
Peter Buske
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