Kultur: Staatsorchester: Wer gibt zuerst entnervt auf? Chefdirigent Heribert Beissel zieht den Kürzeren
Die diesjährige Konzertsaison des Brandenburgischen Staatsorchesters ist mit Sinfoniekonzerten am Stammsitz in Frankfurt (Oder) und in der Landeshauptstadt Potsdam zu Ende gegangen. Sie waren zugleich die letzten, in denen Heribert Beissel den Taktstock schwang.
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Die diesjährige Konzertsaison des Brandenburgischen Staatsorchesters ist mit Sinfoniekonzerten am Stammsitz in Frankfurt (Oder) und in der Landeshauptstadt Potsdam zu Ende gegangen. Sie waren zugleich die letzten, in denen Heribert Beissel den Taktstock schwang. Damit endete nach fünfjähriger Tätigkeit sein Vertrag als Chefdirigent und GMD. Anschließend erhielt er in der Oderstadt aus den Händen des Orchesterintendanten Christoph Caesar und der Bürgermeisterin/Kulturbeigeordneten Katja Wolle Blumen und Dankesworte. Als eine Verabschiedung wolle man diese Gesten nicht verstehen, war von beiden zu vernehmen. Als was dann?
Man hoffe, Beissel für ein weiteres Jahr in Frankfurt halten zu können. Warum? Weil sein designierter Nachfolger, der schwedische Jungstar Stefan Solyom, den Frankfurtern kurzfristig eine Absage erteilt hatte. Er wolle die weiteren, mit der Chefposition verbundenen Aufgaben nicht übernehmen, ließ er wissen, stattdessen nur dirigieren und nicht anwesenheitspflichtig werden. Deshalb soll nun, mangels erforderlicher Findungszeit für einen Neuen, der Alte reaktiviert werden. Doch der stellt für eine Vertragsverlängerung zwei Bedingungen. Erstens: ein Orchesterbegehren für ihn. Das hat er inzwischen von 92 Prozent der Musiker bekommen. Zweitens: die sofortige Ablösung des Intendanten Christoph Caesar, mit dem er seit langem über Kreuz liegt. Doch der hat einen Vertrag bis August 2008 und ist bislang gewillt, diesen auch zu erfüllen.
Jeder beharrt auf seinen Positionen. Die sind mittlerweile so verhärtet, dass es keinen Weg zu geben scheint, den gordischen Knoten zu lösen. Inzwischen wird intrigiert, der Dolch im Gewande bereitgehalten, Schmutz kübelweise ausgeschüttet. Das Ziel: Wer gibt zuerst entnervt auf?
Öl ins Feuer schüttete inzwischen auch der Orchestervorstand, indem er Peter Sauerbaum, Mitarbeiter der Generaldirektion der Stiftung Oper Berlin und früherer geschäftsführender Direktor der Deutschen Oper Berlin, als geeigneten Nachfolger für Caesar ins Gespräch brachte, angeblich nach Absprache mit Kulturministerin Johanna Wanka. Personalpolitik zu betreiben, die anderen Ortes entschieden wird, ist nun wahrlich nicht Aufgabe eines Orchestervorstands, der damit eindeutig seine Kompetenzen überschritten hat. Auch der Musiker Abneigungen gegenüber dem Intendanten rechtfertigen solche Vorgehensweise nicht.
Inzwischen hatte Beissel der Stadt ein Ultimatum gestellt: Er erwarte bis Dienstag einen Entscheid. Und so fand am Abend zuvor eine Sitzung des Hauptausschusses der Stadtverordnetenversammlung statt, auf der empfohlen wurde, einer einjährigen Vertragsverlängerung für Beissel nicht zuzustimmen, da dessen Bedingungen dafür nicht akzeptabel seien. Erpressen lasse man sich nicht, so Heinz-Dieter Walter, Pressesprecher der Stadt Frankfurt (Oder).
Außerdem: Es käme die Stadt, die ohnehin knapp bei Kasse ist, teuer zu stehen, würde man den Vertrag mit Caesar vorzeitig auflösen. Und ob man den Intendantenvertrag verlängere oder nicht, entscheide einzig die Stadtverordnetenversammlung und läge nicht im Wunschdenken des Chefdirigenten oder Orchestervorstands, so der Pressesprecher.
Gegenüber Oberbürgermeister Martin Patzelt bedauerte der scheidende Chefdirigent diese Entscheidung. Er sicherte jedoch zu, dass er die vereinbarten Einzeldirigate bis Ende des Jahres absolvieren werde. Die Stelle des Generalmusikdirektors wird von der Stadt erneut bundesweit ausgeschrieben. „Auch bei einem Wechsel des Intendanten müsste die Stelle ausgeschrieben werden und könne nicht freihändig vergeben werden“, stellt der Pressesprecher klar.
Doch ist damit der gordische Knoten gelöst? Eine spanische Agentur würde wegen angeblicher Unstimmigkeiten mehr keine Tourneen mit dem Staatsorchester organisieren, solange Caesar Intendant sei, ist aus Musikerkreisen zu vernehmen. Einfacher wird es für Christoph Caesar also wahrlich nicht, doch die Fronten sind klarer.
Und was meint beispielsweise Soloklarinettist Christian Krech zu alledem? „Keine Ahnung, wie es weitergehen soll.“
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